Digitale Medien: Was einen bewussten Konsum ausmacht

Statt uns selbst oder unserem Partner Zeit zu widmen, nimmt oft das Smartphone den ersten und letzten Moment des Tages ein. Wo sollten wir die Grenze ziehen?

Digitale Medien bewusst nutzen

Es ist keine Frage, dass die Nutzung von digitalen Mitteln und Medien immer stärker zunimmt. Schon vor der Pandemie konnte man das beobachten: Achtjährige, die im Bus am Handy kleben oder das "Phantom-Klingeln" des eigenen Smartphones.

Im Durchschnitt entsperrt ein Smartphone-Nutzer 53 Mal am Tag den Bildschirm. Bei acht Stunden Schlaf entspricht das einer Ablenkung alle 18 Minuten. Unser Verhalten bleibt nicht ohne Konsequenzen: Eine Übersichtsarbeit aus 23 Studien deutet darauf hin, dass ungesunde Smartphone-Nutzung Depressionen und Angst begünstigt - was wiederum die Entwicklung einer Abhängigkeit leichter macht.

In diesem Artikel gucken wir uns an, wie das Handy unser tägliches Leben beeinflusst. Denn so ganz ohne es, können und wollen die wenigsten den Alltag beschreiten. Wenn uns der Konsum schadet, aber die Rückkehr ins analoge Zeitalter nicht die Lösung ist, wie kommen wir dann zur goldenen Mitte?

Das Smartphone lenkt uns vom Wesentlichen ab

Wir sehen, dass wir eine Nachricht erhalten haben, wollen nur kurz antworten und schwups sind dreißig Minuten um (und wir auf der Facebookseite "Echt lustige Tiere" angekommen). Dabei wollten wir doch die Zeit nutzen, um die Wohnung zu putzen (oder die Steuererklärung zu machen oder oder) und sind wieder aus der realen in die digitale Welt gesogen worden.

Die Grenzenlosigkeit des Internets in der Hosentasche zu haben, ist nunmal eine große Versuchung. Tatsächlich sind Katzenvideos und der Instagram-Feed aber nicht der einzige Weg, wie uns das Handy die Konzentration raubt.

In einem Experiment wurden Probanden Aufgaben gestellt, die ihr Arbeitsgedächtnis und die fluide Intelligenz, sprich ihr logisches Denken, testeten. Dabei lag das Smartphone bei einem Teil der Gruppe auf dem Schreibtisch, beim zweiten Drittel in der Tasche und die letzte Gruppe ließ es komplett in einem anderen Raum. Das Ergebnis zeigte niedrigere Leistungen bei den ersten beiden Gruppen. Die Gruppe ohne Handy im Raum schnitt deutlich besser ab.

Unser Smartphone verringert unsere Konzentration also sowohl durch aktives Ablenken unsererseits, als auch die reine Präsenz im Raum. Wollen wir uns wirklich konzentrieren, sollten wir es deshalb wenigstens aus unserem Blickfeld verbannen. Probiere es selbst aus - fühlst du dich nicht gleich fokussierter?

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Soziale Medien schenken uns Anerkennung

Die wohl beliebteste Beschäftigung mit dem Handy sind die sozialen Medien. Immerhin ermöglichen uns Instagram, WhatsApp, Facebook und Co., ständig mit jeder x-beliebigen Person in Kontakt zu treten. Sei es die Freundin in Australien oder jemanden, den wir noch nie getroffen haben. Durch gemeinsame Interessen und Werte kann man sich so schnell und einfach vernetzen, wie nie. Das kann nicht nur im Privaten, sondern natürlich auch im Beruf sehr bereichernd sein.

Doch wie beeinflusst das unsere Beziehungen mit den Menschen im unmittelbaren Umfeld? Dass wir während des Spazierganges mit dem Freund das Handy vibrieren spüren und es daraufhin manchmal auch in die Hand nehmen, schneidet die Interaktion kurzzeitig ab. Durch die Unterbrechung kann - wenn auch unbewusst - die gegenseitige Wertschätzung angekratzt werden. Zum Ausgleich wird wiederum vom anderen häufig das Smartphone ausgepackt - immerhin ist dies nun die nächste wahrscheinliche Quelle für soziale Anerkennung. Und schon sind wir in einem Kreislauf, der entgegen der eigentlichen persönlichen Beziehung läuft. Das denkst du dann zwar nicht bewusst, aber beobachte dich einmal selbst: Wie reagierst du, wenn die andere Person zum Handy greift?

Wusstest du, dass soziale Interaktion zu einer Ausschüttung von Dopamin führt? Entwickler sozialer Netzwerke sind sich dem natürlich bewusst und können es sich Zunutze machen. Ein paar Likes auf Facebook können eine ähnliche Reaktion im Gehirn erzeugen, wie ein Kontakt im echten Leben. Follower und Kommentare werden zur sozialen Währung im Netz, während sie im echten Leben eigentlich nichts bedeuten. Wenn man sich das so vor Augen führt, ist das ein ganz schön problematisches Verhältnis, das uns psychisch tief beeinflussen kann - und uns immer abhängiger vom Smartphone macht.

Also gilt auch hier gilt: Allein die physische Nähe zum Smartphone kann uns beeinflussen. Deswegen schadet es auch hier nicht, es hin und wieder aus dem Raum zu verbannen. Und sich stattdessen intensiver auf die menschliche Nähe einzulassen.

Digital Detox als Anti-Stress Kur

Die schiere Flut an Neuigkeiten und Nachrichten beeinflusst neben unserer Konzentration und unseren Beziehungen auch unser Stressempfinden. Egal, ob es die WhatsApp-Gruppe mit Freunden, die globalen Nachrichten oder der Instagram-Feed ist. Unser Gehirn will sämtliche Informationen verarbeiten und bei zu vielen davon gerät unser Körper in einen Stressmodus.

Kein Wunder, dass der Trend zum "digitalen Detox", also dem bewussten Verzicht auf das Smartphone (oder auch das Tablet und den Rechner), schnell gewachsen ist. Aber hat so ein "Detox" tatsächliche eine langfristige Wirkung oder handelt es sich dabei viel mehr um eine Art Diät, nach der ein Jojo-Effekt eintritt?

Tatsächlich ist die Studienlage zu dem Thema noch nicht sehr weit. Eine Untersuchung mit einer kleinen Stichprobe - die dementsprechend keinen hohen Repräsentationswert hat - maß das Stresslevel der Teilnehmer über ein Armband. Sie verglichen die Werte zwischen regulärer Nutzung des Handys und Nutzung ohne Datenvolumen und WLAN. Während des "Detox" ohne Internet konnte man ein geringeres Stresslevel messen.

Auf den Trend vom digitalen Entzug sind auch die App-Entwickler aufgestiegen: So gibt es mittlerweile - entweder bereits in der Software des Handys integriert oder als App verfügbar - die Möglichkeit, die Bildschirmzeit aufzuzeichnen und auch zu begrenzen.

Eine Untersuchung von jungen Erwachsenen ergab, dass 41,7 Prozent der Befragten eine solche Funktion nutzen. Bei den anderen 58,3 Prozent konnte ein Zusammenhang zu problematischer Handynutzung und ein allgemein schlechteres Wohlbefinden hergestellt werden. Liegt das tatsächlich an der Natur der Digital-Detox-Apps? Oder ist es möglich, dass sich Nutzer mit einem problematischen Verhältnis seltener zur Messung ihrer Bildschirmzeit entschließen? Dieser Frage sollte man durch mehr Forschung nachgehen.

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Einen bewussten Umgang mit dem Smartphone finden

Ähnlich wie es sich mit gesunder Ernährung und Diäten verhält, ist es auch beim digitalen Konsum sinnvoll, auf einen nachhaltig gesunden Umgang zu setzen. Statt eine Woche alle Social Media Apps zu löschen, nur um in der nächsten alles Verpasste nachzuholen, können wir uns fragen, welche Inhalte uns wirklich etwas bringen.

Welche Gruppen brauchst du, um deine sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten? Welche Apps öffnest du nur, weil dir langweilig ist? Und was hast du wirklich mitgenommen nach einer Stunde auf Instagram? Klar, die meisten wollen das Smartphone im Alltag nicht mehr missen - das muss auch nicht sein. Aber die ein oder andere konkrete Entscheidung, die uns einschränkt, kann wirklich gut tun - Sei es, eine bestimmte App zu löschen, das Handy zu bestimmten Zeiten auszuschalten oder es einfach mal zuhause zu lassen. Am Ende des Tages handelt es sich um viele kleine oder große Gewohnheiten. Nicht leicht loszuwerden, aber wenn wir es geschafft haben, fragen wir uns, warum wir es jemals gebraucht haben.

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Hier ein paar kurzfristige Ideen, die dich vom Smartphone loslösen:

  • So viele Push-Benachrichtigungen und Kennzahlen wie möglich deaktivieren

  • Handy während der Arbeit aus dem Sichtfeld bringen

  • Display auf Schwarz-Weiß stellen (verrückt, wie langweilig das Handy auf einmal ist)

  • Eine Stunde vor und nach dem Schlafen den Flugmodus einschalten

  • Für alltägliche Erledigungen, Spaziergänge und Co. das Handy einfach mal Zuhause lassen

  • Digitaler Minimalismus: Alle Apps löschen und beobachten, welche du innerhalb einer Woche wirklich benötigst

Das Handy unterstützt uns in alltäglichen Aufgaben, macht es gerade zu Pandemie-Zeiten leichter, Nähe zu unseren Lieben zu spüren und kann uns jederzeit jede erdenkliche Frage beantworten. Wie alles macht auch ständige Vernetzung in Massen statt in Maßen krank. Wie finden wir die Balance? Manch einer braucht das Smartphone für die Arbeit, der nächste befindet sich in einer Fernbeziehung. Eine einfache Antwort gibt es also nicht. Deswegen ist ein reflektiertes Verhalten gefragt: Indem du dich immer wieder ehrlich hinterfragst - gibt dir das Scrollen durch den Instagram Feed gerade wirklich, was du brauchst? - und auch mal Veränderungen in Gang bringst, findest du deine goldene Mitte. Und holst so aus dem Smartphone heraus, was du brauchst - nicht mehr und nicht weniger.


Die Podcastfolge zum Artikel:

Bild 1: Cottonbroauf Pexels Bild 2: Chris Adamus auf Unsplash

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