Rollenkonflikte: Spielst du noch oder lebst du schon?
Vater, Gym Buddy, Freundin, Manager. Schubladen nerven und doch leben wir in verschiedenen Rollen, die alle mit hohen Erwartungen verknĂŒpft sind. So bleibst du trotzdem du selbst!
von Alexandra Gojowy
Wir alle haben verschiedene Rollen, in die wir im Alltag schlĂŒpfen. Man beginnt den Tag als Privatperson aber spĂ€testens nach der morgendlichen Dusche ist es vorbei mit der Einfachheit des Seins. Denn der Fitness-Junkie lĂ€uft erstmal eine Runde um den Block, die Yoga-Mom rollt ihre Matte aus und der Abteilungsleiter liest schon beim Brötchen schmieren die ersten Mails. Alles nur Klischee oder ist da auch was Wahres dran?
FlexibilitĂ€t, Multitasking und Schnelligkeit gehören zu unserem Alltag. Oft mit der Folge, dass wir auch zwischen unseren sozialen, beruflichen und privaten Rollen hin- und herspringen mĂŒssen. Ein KunststĂŒck, das viele Nerven kostet und auf Dauer ganz schön anstrengend ist. Denn Rollen hĂ€ngen nicht nur von unserem eigenen Verhalten ab, sondern auch von den gesellschaftlichen Erwartungen, die damit verknĂŒpft sind. Höchste Zeit, sich darauf zu besinnen, was einem wirklich wichtig ist. Und danach zu entscheiden, ob man lieber mal eine Nebenrolle annimmt, statt alle HauptbĂŒhnen gleichzeitig zu bespielen.
Wer bin ich und wenn ja wie viele?
Kaum ein Satz könnte passender sein, als dieser Titel von Richard David Prechts Buch ĂŒber die groĂen philosophischen Fragen des Lebens. Aber wie viele sind wir heutzutage eigentlich? Kaum jemand hat etwas dagegen, dass sich die traditionellen Rollen mehr und mehr auflösen. Frauen bĂŒgeln und MĂ€nner reparieren â ein Bild, das lĂ€ngst ĂŒberholt ist. Laut einem Artikel der Zeitschrift (link: http://www.fitforfun.de/beauty-wellness/gesundheit/alltag-die-deutsche-frau-hat-elf-gesichter_aid_13344.html text: Fitforfun), hat die deutsche Frau mittlerweile elf Gesichter. Frauen schlĂŒpfen im Alltag also in elf verschiedene Rollen und wir sind uns sicher, dass es den MĂ€nner nicht anders geht.
Diplom Psychologin (link: http://gesellschaft.psycho-wissen.net/rollen/index.html text: Ingeborg PrĂ€ndl) definiert eine (soziale) Rolle als die Summe der von einer Person erwarteten Verhaltensweisen, die auf das Verhalten anderer Personen abgestimmt ist. Klingt ganz schön kompliziert. Und das ist es auch. Vor allem, wenn das eigene Verhalten von den gesellschaftlichen Erwartungen abweicht. Aber auch anderen gegenĂŒber sind wir streng. Klar, von einem guten Freund verlangt man, dass er oder sie sich regelmĂ€Ăig meldet. Oft ist man genervt, wenn das vereinbarte Telefonat abgesagt oder die Verabredung mal wieder um eine Woche verschoben wird. Noch schwieriger ist es mit Menschen, die nicht in derselben Stadt leben. Studium, Auslandsaufenthalte oder berufliche Umwege gehen meist mit einem Ortswechsel einher. Skype, WhatsApp und Facebook sind wichtige Tools, um den Kontakt zu halten. Und erfordern ein neues MaĂ an âRollen-Multitaskingâ. So telefoniert man vielleicht gerade als Tochter oder Sohn mit seinen Eltern, wĂ€hrend man nebenbei eine Nachricht an die beste Freundin tippt. Und die soll auf keinen Fall warten. SchlieĂlich will man ja verlĂ€sslich sein.
Wie lange darf man sich Zeit lassen, bis zur nÀchsten Nachricht? Wie viel Zeit rÀumt man anderen Personen eigentlich noch ein, um zu antworten? SpÀtestens dann, wenn der Partner genervt ist, dass man sich mehr mit den eigenen Gruppenchats als dem Abendessen beschÀftigt, muss man zugeben, dass man ganz schön von der Rolle ist. Neben dem Beruf eine feste Partnerin, Mutter, Sportskanone und Serienjunkie zu sein und dabei noch ausreichend Wasser zu trinken und sich ausgewogen zu ernÀhren ist ein unmöglicher Balanceakt. Zeit, sich mit dem inneren Konflikt zu versöhnen.
Den inneren Konflikt schlichten
Wenn man sich zwischen verschiedenen Rollen hin- und hergerissen fĂŒhlt, löst das Stress und ein schlechtes Gewissen aus. Die innere ZwickmĂŒhle fĂŒhrt aber vor allem dazu, dass man im Endeffekt keiner Aufgabe mehr richtig gerecht wird. Einmal tief durchatmen ist in diesem Fall die beste erste Hilfe. Innere Konflikte sind normal und mĂŒssen kein Kampf sein. Man kann sie auch als ein sanftes Ausloten der eigenen BedĂŒrfnisse betrachten. Egal was man tut, es ist schlicht unmöglich, allen Erwartungen gerecht zu werden. Laut des Instituts fĂŒr Wissen in der Wirtschaft, sollte man sich stĂ€ndig vergegenwĂ€rtigen, dass man bei Konflikten, die sich aus den Erwartungen unterschiedlicher Quellen ergeben, immer noch selbst der Steuermann ist. So kann man frei entscheiden, welchen WĂŒnschen und Erwartungen man nachkommt und welchen nicht. Wichtig ist, sich nicht ausgesetzt zu fĂŒhlen, sondern Herr und Frau der Lage zu bleiben.
In einem nĂ€chsten Schritt kann man Wichtiges von Wichtigerem trennen. Priorisieren hilft dabei, herauszufinden, welche FĂ€higkeiten man gerade wirklich benötigt, um eine bestimmte Aufgabe zu bewĂ€ltigen, ohne dabei den Kopf zu verlieren. FĂŒr dich steht die berufliche Weiterentwicklung momentan an erster Stelle? Vielleicht gibt es dann ein Hobby, das du erst einmal zurĂŒckstellen und zu einem spĂ€teren Zeitpunkt wieder aufnehmen kannst. Du möchtest abends wieder mehr Zeit fĂŒr dich haben? Dann sag die nĂ€chste Kneipentour doch einfach mal ab. Absagen ist unangenehm aber unter UmstĂ€nden auch befreiend. Und gute Freunde werden es einem verzeihen, wenn man nicht immer dabei ist. Wichtiger ist es, sensibel fĂŒr die eigenen BedĂŒrfnisse zu werden und die eine oder andere Rolle auch mal bewusst loszulassen. Akzeptiere deine jetzige Lebensphase und schau immer wieder genau hin, wo du dich lockerer machen kannst. Wenn dir das sehr schwer fĂ€llt, kann dir regelmĂ€Ăiges Meditieren dabei helfen, noch gelassener zu werden.
Probierâs mal mit Gelassenheit
Meditation schĂ€rft den Blick fĂŒr das Wesentliche. Je bewusster man die stĂ€ndigen Erwartungen um sich herum wahrnimmt, desto leichter fĂ€llt es einem, genug Raum zu schaffen, um eigene PrioritĂ€ten zu setzen. Wenn man in der Lage ist, gelassener und mit ein bisschen mehr Distanz auf Situationen zu reagieren, wird man unabhĂ€ngiger von den Automatismen einer bestimmten Rolle und schafft sich letztlich ein StĂŒck Freiheit. Auch wenn sich viele UmstĂ€nde nicht sofort Ă€ndern lassen, kann man mit einem klaren Kopf freier entscheiden, wie man reagiert und welche Rollen man nicht mehr einnehmen oder anders gestalten möchte.
Umgib dich aber vor allem mit Menschen, fĂŒr die es keine Rolle spielt, welches Gesicht du gerade zeigstt. Nur dann kannst du lernen, alle deine Facetten zu umarmen. Mach es dir also gemĂŒtlich in deinen Rollen und vergiss ruhig ab und zu mal den Text. So wird dein Alltag nicht nur authentisch, sondern auch ein ganzes StĂŒck lebendiger!
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