Studierst du schon oder prokrastinierst du noch?

Der WG-Putz, die Semesterarbeit oder der Studienwechsel - es gibt genügend Dinge, die wir nur zu gerne vor uns herschieben. Warum du welche Dinge aufschiebst und wie ein Cappuccino dabei helfen kann.

von Anna Kaiser

Aufschieberitis: Von der Kunst, einfach anzufangen – oder auch nicht

Die Prüfungen und Abschlussarbeiten stehen vor der Tür und der Kopf ist voll mit unerledigten Dingen. Ich weiß ich sollte…, doch lieber erst mal ausgiebig duschen und das Zimmer aufräumen. Einkaufen, Wäsche waschen, WhatsApp, Insta und Co. checken und schon ist es Nachmittag. Jetzt mache ich mich aber an den Schreibtisch! Obwohl, so ein kurzes Nickerchen schadet nicht, danach kann ich bestimmt voller Energie meine Aufgaben erledigen. Kurz darauf wird der Powernap zum ausgiebigen Serienmarathon und dann ist der Tag auch schon rum. Aber morgen dann! Ganz sicher!

Kommt dir das auch bekannt vor? Dann hast du in mir eine Leidensgenossin gefunden! Als „Bayerisches Madl“ darf ich seit ein paar Monaten für 7Mind als Mindfulness-Botschafterin arbeiten. Ich bin Modulstudentin und Mitarbeiterin an der Technischen Hochschule in Deggendorf und wenn ich nicht gerade Schüler*innen für MINT-Fächer begeistere, besuche ich die unterschiedlichsten Vorlesungen. Wie du den Prüfungsstress erfolgreich bewältigst, hat dir Viola im letzten Artikel unserer Studi-Reihe gezeigt. Heute möchte ich dir meine Gedanken und Empfindungen zum Thema „Aufschieben“ mitgeben und warum Achtsamkeit für mich dabei eine große Rolle spielt.

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MORGEN ist auch noch ein Tag.

Besonders in Studi-Kreisen ist Prokrastinieren durch den hohen Leistungsdruck eine weit verbreitete Angewohnheit. Wie die Freie Universität Berlin herausfand, geben ganze 75% aller Studierenden an, in Zusammenhang mit ihrem Studium zu prokrastinieren. Im Selbsttest findest du heraus, wie schwer du von Prokrastination betroffen bist.

Wir 7Mind-Botschafter und Botschafterinnen schieben auch nur zu gerne auf: Bild

Hä Prokrastinieren, steht das überhaupt im Duden? Gerne machen wir Studierenden Witze darüber und belächeln das „vor sich herschieben“. Irgendwie gehört es ja auch zum Studentenleben dazu, aber nur bis zu einem gewissen Grad, denn dauerhaftes Aufschieben kann schnell problematisch werden und sich negativ auf deine Gesundheit auswirken.

Durch ständiges Aufschieben von Dingen wirst du frustriert und bekommst das Gefühl, nicht genug leisten zu können. So entsteht die Grundlage, auf deren Basis sich Stress und Ängste entwickeln können. Aus anfänglichen Spannungen, innerer Unruhe und Unzufriedenheit können sich im schlimmsten Fall Depressionen entwickeln. In Kombination mit wenig Entspannung, Spaß und Freizeit werden wir nicht nur schnell zum Workaholic, sondern auch zum chronischen Prokrastinierer.

Umso wichtiger ist es also, dass wir wissen, was Prokrastination ist, woher sie kommt und wie wir sie besiegen können.

Extra für’s Studium: Die SOS Meditation "Prokrastination":

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Menschen sind von Geburt an faul! – Wirklich?

Wenn wir Dinge auf Morgen verschieben, bedeutet es nicht im selben Atemzug, dass wir prokrastinieren. Oft haben wir wirklich keine Zeit manche Aufgaben sofort zu erledigen. Doch wenn wir BEWUSST etwas Anderes machen, als das was wir eigentlich machen sollten, sprechen wir von Prokrastination. Wir schieben eine unschöne Aufgabe über einen längeren Zeitraum vor uns her. Das kann eine Hausarbeit oder ein schwieriges Gespräch sein, aber auch der Studiengangs- oder Jobwechsel. So halten wir uns selbst davon ab, Prioritäten zu setzen, voranzukommen und unsere Ziele zu erreichen. Sich dieser Situation bewusst zu sein verschlimmert unsere Gefühlslage gegenüber unseren Aufgaben. Wir schieben sie weiter auf und haben ein schlechtes Gewissen. Aber wenn ich weiß, dass mir mein eigenes Verhalten auf Dauer nicht guttut, warum mache ich es dann? Bin ich wirklich so faul?

Eine einfache und beruhigende Antwort ist: Aufschieben ist menschlich! Wir Menschen sind bequem und neigen aufgrund unserer DNA zum Energiesparen und faul sein. Eine Studie der Universität Aberdeen ergab, dass durch eine Genmutation ein Protein im Körper gebildet wird, das einen Mangel an Dopamin im Gehirn auslöst. Dopamin wird als Glückshormon bezeichnet und ist für unsere Produktivität und Motivation verantwortlich. Zu wenig davon lässt uns also zum Couchpotato werden. Den 5. September haben wir sogar als den „Sei spät dran für etwas“-Tag eingeführt. Also Hand aufs Herz: Es tut doch einfach gut, die Aufgabe gerade im Augenblick nicht zu erledigen. Auch Max Raabe weiß davon ein Lied zu singen – er genießt in vollen Zügen und verpennt gerne den perfekten Moment. Hier reinhören.

Das wäre zu schön um wahr zu sein, aber auf unsere DNA allein können wir die Schuld nicht schieben. Um die wahre Ursache für unsere Prokrastination zu finden, müssen wir tiefer gehen, denn hier finden wir auch die Stellschrauben um dagegen anzugehen. Sind wir ehrlich: Der wahre Grund warum wir prokrastinieren, ist nicht fehlende Motivation oder Faulheit, sondern das Gefühl, das wir mit der bevorstehenden Aufgabe verbinden. Wir fühlen uns einer Aufgabe nicht gewachsen, verbinden gar Angst oder Frustration damit. Ablenkung und Aufschieben ist einfacher als sich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen. Sei ehrlich zu dir: „Warum schiebe ich diese Aufgabe vor mir her?“

Was sind deine Prokrastinations-Trigger?

Die natürlichen Ängste in uns sind es, die Prokrastination zu unserem Schutzschild machen. Mangelndes Selbstvertrauen, Abneigung gegenüber den Aufgaben und fehlende Zeit führen dazu, dass wir aus dem Hamsterrad nicht so einfach ausbrechen können. Aus unserer Erziehung heraus entwickeln wir eine unrealistische Erwartungshaltung, die zu einem ungesunden Perfektionismus übergeht. Wir wollen eine Aufgabe, Prüfungen, Beziehungen, den Job möglichst gut erledigen und die eigenen Ansprüche oder die von anderen erfüllen. Die aktuellen Geschehnisse und das digitale Zeitalter bieten uns so viele Freiheiten und Möglichkeiten. Private und berufliche Erreichbarkeit 24/7 wurde durch Corona noch mehr zur Gewohnheit. Durch die neuen Medien haben wir Zugang zu unendlichem Wissen.

Diese Freiheit ist toll und wertvoll, aber kann uns in einer Leistungsgesellschaft wie heute auch überfordern. Nach dem Motto “schnell, erfolgreich, gestresst” rasen wir durch’s Studium. Immer mit dem Ziel nach mehr Geld, Ansehen und dem perfekten Job vor Augen. Wir sind jedoch nicht in der Lage, diese vielen Eindrücke aus allen Kanälen zu verarbeiten. So werden die To Dos immer mehr und wir wissen nicht mehr wo anzufangen und wo aufzuhören. Überfordert von der Stofffülle, unserer finanziellen Lage oder die der Eltern, dem Selbst- und Zeitmanagement versuchen wir uns anzupassen. Total selbstkritisch glauben wir nicht an unser Potential, finden keine Lösungen für unsere Probleme und stoßen körperlich und geistig an unsere Grenzen. Die Zeit vergeht und nach 8 Semestern mit mehr Tiefen als Höhen sind wir erschöpft und haben gelernt zu vergessen, was unsere eigentlichen Wünsche sind.

Sei ehrlich zu dir selbst.

Du bist unzufrieden mit deinem Studiengang oder Job? Du befürchtest deine Prüfungen nicht zu schaffen? Du sorgst dich vor der Zukunft? Mit einer negativen Einstellung steigen auch der Druck und die Selbstzweifel. Das endet in Stress und Frust. Prokrastinieren hilft uns, vor diesem Stress oder den innerlichen Ängsten zu fliehen. Mache dir einmal Gedanken über dein WARUM? Wo bist du und wo willst du hin? Diese Fragen lassen den persönlichen “Sinn des Lebens” wieder aufkommen. Diese Sinnfragen begleiten uns wahrscheinlich unser ganzes Leben, aber dafür bräuchte es eine eigene Kategorie. Ich möchte hier nicht vom Sinn des Lebens philosophieren, sondern darauf hinaus, dass es wichtig ist, sein eigenes “Warum” zu kennen. Nur dann kannst du an deiner Lebenssituation etwas ändern. Und da du bis hierher gekommen bist, gehe ich davon aus, dass du wie ich zu den 75% aller Studi-Prokrastinierer gehörst. Gratulation! Der größte achtsame Schritt ist getan: Du ist bewusst, dass du aufschiebst. Auch wenn du noch nicht genau weißt, wo deine Reise hingehen soll, kannst du jetzt der Wahrheit deines Aufschiebens ins Gesicht sehen und ihm ein Ende setzen!

Komm in den Flow.

Think outside the box: Lerne zu akzeptieren, dass du nicht perfekt sein musst. Wenn eine Aufgabe nicht zu 100% erledigt wird, geht die Welt auch nicht unter. Nutze Pausen und Belohnungen bewusst, um deinen Akku wieder aufzuladen, ganz ohne Schuldgefühle. Gehe mit deinen Freunden abends in die Kneipe und belohne dich für den Tag. Hole dir Unterstützung von deinen Kollegen, Partner, Freunde oder Familie. Tausche dich mit Kommiliton*innen über eure Projekte aus und teilt euch die Aufgaben. Schreibe dir eine Wunschliste mit Dingen, die dir wirklich wichtig sind und setze Prioritäten. Mache dich frei von Unwichtigem und beschränke dich auf weniger wichtige Dinge. Wenn dir das schwerfällt, arbeite nach dem Eisenhower-Prinzip und sortiere schriftlich deine Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit. So kommst du deinen tatsächlichen Zielen näher. Plane dir deine Arbeitseinheiten in kurze Zeiteinheiten ein. Nutze unterstützende Medien und Apps, das Internet ist voll von Tipps und Ideen, wie du Prokrastinieren unterbrichst. Das oberste Gebot: Verurteile dich nicht und folge deinem Herzen! Du bist wie du bist und das ist gut so!

Extra für’s Studium: Die SOS Meditation "Prokrastination":

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Cappuccino & weniger Aufschieberitis ToGo.

Mein persönlicher Anker nennt sich die Cappuccino-Strategie. Statt mich auf die abschreckenden Aspekte einer Aufgabe zu konzentrieren, stelle ich mir mit allen meinen Sinnen vor, wie gut es sich anfühlt, wenn ich sie erfolgreich erledigt habe. So verbinde ich ein positives Grundgefühl und vertraue mehr und mehr meinen Fähigkeiten. Je öfter und intensiver ich mir diese Vorstellung verinnerliche, desto motivierter bin ich und umso leichter fällt mir die Aufgabe.

Ein letzter Impuls, den ich dir mitgeben will, ist der, deine Ziele zwar zu kennen, ihnen aber nicht IMMER hinterherzujagen. Du lebst im Hier und Jetzt. Entspanne dich regelmäßig, genieße und plane genügend Freizeit für deine Herzensdinge ein. Und wenn du mal wieder der Aufschieberitis verfällst, ärgere dich nicht. Die 7Mind Meditation „SOS Prokrastination“ kann dir helfen oder du schlägst dir achtsam für eine Cappuccino-Länge hier weiter die Zeit tot.

Bild: Cottonbro auf Pexels

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