Prokrastination: Die Psychologie hinter Aufschieberitis

Prokrastination ist, wenn wir notwendige Aufgaben immer wieder aufschieben. Wir erklären dir, woher das kommt und wie Achtsamkeit gegen "Aufschieberitis" hilft.

Science Snack #6:


Psychologie hinter Prokrastination

Prokrastination ist, wenn wir notwendige Aufgaben immer wieder aufschieben. Ein volles E-Mail Postfach? - lieber erstmal Kaffee trinken. Eine wichtige Hausarbeit? - vielleicht doch zuerst die Fenster putzen. Bewerbungen abschicken? - oder doch noch ein bisschen durch die sozialen Medien scrollen...

All das können Zeichen für so eine Arbeitsstörung sein, wenn darin deutlich wird, dass wir das eigene Verhalten nicht passend steuern können. Und es kennen viele: ob angestellt oder selbstständig, studierend, oder in der schulischen oder beruflichen Ausbildung. Prokrastination ist nicht nur das Thema zahlreicher Memes. Sie kann unser Wohlbefinden, unsere Leistung und damit auch die eigene Laufbahn beeinflussen.

Woher kommt die Prokrastination?

Eine polnische Studie von 2018 hat 600 Menschen befragt, um mehr über solche Verhaltensweisen und ihre Ursprünge herauszufinden. Sie fanden heraus, dass Prokrastination eine Folge sein kann von:

  • Fehlender Motivation, weil wir die Aufgabe nicht als wertvoll empfinden -Impulsivität, weil wir leicht in Versuchung geraten etwas anderes zu machen und so Verzögerungen in Kauf nehmen -Mangelnder Beharrlichkeit, weil sie womöglich eine Kombination aus geringer Motivation und Impulsivität ist.

Die Forschenden zeigten außerdem einen Zusammenhang von Impulsivität und negativen Emotionen. Impulsivität kannst du zum Beispiel daran erkennen, wenn Gedanken an andere To-Do's aufkommen und du ihnen sofort folgst. Wenn ein solcher Gedanken-Impuls aufkommt, haben wir zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass wir ihm nachgeben und unmittelbar tun, was uns gerade in den Sinn kam. Die Alternative heißt Regulation - von Gedanken oder Emotionen. Dann nehmen wir das innere Ereignis bloß zur Kenntnis und notieren es vielleicht. Und schon können wir den Fokus wieder voll und ganz auf das, was wir tun sollten oder möchten richten.

Aber was hat das mit negativen Emotionen zu tun?

Die Wissenschaftler:innen kommen zu dem Schluss, dass wir durch kurzfristige Erfolge versuchen, die Stimmung zu regulieren. Gerade wenn wir wenig motiviert sind und die Arbeit kaum Freude bereitet, kann es sich angenehmer anfühlen, den Müll rauszubringen. Denn das ist ein kurzes, effektives Erfolgserlebnis, das befriedigender sein kann, als den ganzen Tag Fakten auswendig zu lernen oder scheinbar nicht-enden-wollende Texte zu verfassen. Der Müll ist weg, die Küche ein Stück sauberer und du hast etwas geschafft. Wunderbar, ein Erfolgserlebnis!

Das Gefühl hält allerdings in der Regel nicht allzu lange an. Denn die Aufgabe, die noch auf dich wartet, ist natürlich kein Stück voran gekommen. Und womöglich gerätst du dann auch noch unter Zeitdruck. Das macht es unterm Stich oft nicht wirklich angenehmer und verspricht wohl kaum positivere Emotionen.

US-Amerikanische Forscher:innen haben 2020 mit einer Studie gezeigt, dass diese Beziehung von negativen Emotionen und Prokrastination sogar über mehrere Tage hinweg geschehen kann. Dafür führten sie eine zweiwöchige Tagebuch-Studie mit 53 Studierenden durch. In den Ergebnissen wurde deutlich: Negative Stimmung kann zu mehr Prokrastination am Folgetag führen. In ihrer Zusammenfassung legen die Autor:innen einen klaren Zusammenhang zwischen unangenehmen Emotionen und aufschiebendem Verhalten nahe.

Eine weitere Studie (250 Teilnehmende) aus demselben Jahr hat fünf Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen identifiziert, die mit Prokrastination zusammenhängen:

  • Fehlende Akzeptanz gegenüber Emotionen

  • Schwierigkeiten sich zielgerichtet zu verhalten

  • Schwierigkeiten mit Impulskontrolle

  • Wenig Strategien, Emotionen gesund zu regulieren

  • Fehlende Emotionale Klarheit

Besonders diejenigen, die wenig gesunde Strategien zur Emotionsregulation zur Verfügung hatten, neigten zum Aufschieben von Aufgaben. Die Forschenden sind davon überzeugt, dass hierbei auch unsere Glaubenssätze eine wichtige Rolle spielen. Glaubst du daran, dass du effektiv mit deinen Emotionen umgehen kannst; sodass du dich sicher mit dir selbst fühlst? Oder zweifelst du eher daran und hast manchmal den Eindruck, deinen Gefühlen schutzlos ausgeliefert zu sein?

Solchen - oft unbewussten - Glaubenssätzen auf die Spur zu kommen, kann dabei helfen sich selbst besser kennen zu lernen. Dann wird es wahrscheinlich leichter, auch in herausfordernden Situationen bewusst, fürsorglich und verantwortungsbewusst mit dir und den eigenen Aufgaben umzugehen.

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Wie Selbstregulation mit Achtsamkeit möglich wird

Wenn du deine Selbstregulation trainieren möchtest, können dir Achtsamkeit und Meditation dabei behilflich sein. Eine chinesische Studie von 2020 hat mit 240 jungen Menschen entweder ein Achtsamkeitstraining oder ein Kontroll-Angebot gemacht. Im Vergleich der beiden Gruppen wurden ein paar Unterschiede hinsichtlich psychischer Aspekte und aufschiebender Verhaltensweisen deutlich:

  • Die Selbstwirksamkeit - also die Überzeugung, etwas bewegen und erreichen zu können - steig durch das Training an

  • Das Erleben von persönlicher Stärke,Hoffnung und Optimismus wurde mehr

  • Die psychische Gesundheit und Achtsamkeit war nach dem Training erhöht

  • Prokrastination nahm ab

Die Veränderungen wurden sowohl zwischen den Gruppen beobachtet, als auch im Vorher-Nachher-Vergleich der Achtsamkeitsgruppe. Deshalb kamen die Forschenden zu dem Schluss: Achtsamkeitstrainings können die Psyche in verschiedenen Dimensionen effektiv stärken und unter anderem hinderliche Verhaltensweisen, wie Prokrastination mindern.

Auch die University of California zeigte 2020, dass eine steigende Fähigkeit zur Selbstregulation viele Lebensbereiche positiv beeinflusst. Darunter die Stimmung, Stresslevel, Fokus, Achtsamkeit, Emotions-Regulation und die Lebenszufriedenheit.

Wir sind also weder schwierigen Gefühlen noch aufschiebendem Verhalten einfach ausgesetzt. Es gibt verschiedenste Übungen, Meditationen und Methoden, die uns helfen können Verhaltensweisen zu entwickeln, mit denen wir uns wohl fühlen und die uns guttun.


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