5 Tipps für eine starke Beziehung

Was ist es, was glückliche Paare zusammenhält? Das haben wir den Paartherapeuten Dipl.-Psych. Ulrich Wilken gefragt. Hier geht’s zu seinen 5 Tipps für eine stabile und gesunde Partnerschaft.

von Dipl.-Psych. Ulrich Wilken

1. Vertrauen in die Beziehung haben

Die Basis für eine starke und feste Beziehung ist das Vertrauen, dass die Beziehung hält. Es geht also um das Vertrauen in die Beständigkeit von Liebe. Das klingt einfach, ist aber nicht selbstverständlich. Denn dafür brauche ich ein Grundgefühl in mir, dass ich so, wie ich bin, richtig bin. Ich muss also in meinem Leben schon gelernt und erlebt haben, dass ich Vertrauen in die Beständigkeit von Liebe haben kann.

Wenn ich das nicht in der Kindheit von den Eltern erfahren habe, kann ich es von anderen Menschen erfahren, wie zum Beispiel den Großeltern, Freund:innen oder Kolleg:innen, die im Laufe meines Lebens einen Platz in meinem sozialen Umfeld einnehmen. Viele Menschen haben aber nicht das Glück, erlebt zu haben, wie es ist, wenn man bedingungslos geliebt wird. Dieses mangelnde Vertrauen wirkt sich dann viele Jahre später auf die Partnerschaft aus, indem der mangelnde Selbstwert wie ”Ich reiche nicht” oder “Ich bin nicht richtig” sich im Sinne selbsterfüllender Prophezeiungen wiederholt. So besteht das Risiko, dass die Beziehungen immer wieder scheitern. Hier geht es also darum, bei mir selbst anzufangen und mögliche alte Wunden und Muster anzuschauen und zu bearbeiten, bevor ich die Fragen und Ängste rund um Vertrauen auf meine Beziehung übertrage.

2. Alte Muster aufspüren, verstehen und überwinden

Manche Kommunikation- und Verhaltensmuster aktivieren zum Teil jahrzehntealten Gefühle und Kränkungen, die wir in unserer Lebensgeschichte erlebt haben. Die Erfahrungen lassen sich häufig, bei aller Komplexität des Lebens, auf sogenannte Leitsätze reduzieren, z.B. “Ich reiche nicht”, “Ich bin nicht genug”, “Ich bin nicht liebenswert”, “Ich bin nicht richtig” usw. Es gilt, diese Leitsätze und die sich dadurch entwickelten Kommunikations- und Verhaltensmuster erst einmal zu identifizieren. Der nächste Schritt besteht darin, herauszufinden, wie dadurch das Problem unbewusst aufrechterhalten wird. Mit anderen Worten: Diese Muster erzeugen immer wieder ein altes Problem und Leid.

Um diese zum Teil jahrelangen Kränkungen zu überwinden, kann es hilfreich sein, sich von gewohnten und langjährigen Sehnsüchten zu verabschieden. Je friedlicher ich zurückschaue, desto freier schaue ich nach vorn. Dies kann in Form eines Abschiedsbrief geschehen, in dem wir uns von dieser Sehnsucht verabschieden. Diesen Brief musst du nicht abschicken, sondern kannst ihn Stück für Stück zerschneiden und die Schnipsel in einem Ritual auflösen. Gelingt dies, dann kann Versöhnung und Frieden wachsen und die Muster verlieren ihren leidvollen Sinn. Erst dann kann Vertrauen in die Ungewissheit wachsen, denn das Neue kann nur in der Ungewissheit entstehen, das Bekannte ist ja schon gewiss.

3. Das Anderssein des Partners oder der Partnerin akzeptieren

Ebenfalls eine sehr wichtige Säule für eine starke Beziehung ist die Akzeptanz des Andersseins. Wenn ich die Welt meines Partners oder meiner Partnerin respektiere und achte, dann sende ich ein Signal von Wertschätzung aus, für die Welt und die Werte meines Gegenübers. Wenn das gelingt, müssen wir nicht mehr darum kämpfen, wer die Welt richtig sieht. Und wenn wir nicht mehr darum kämpfen müssen, wer recht hat, ist die Wahrscheinlichkeit gegenseitiger Kränkungen nicht besonders hoch. Wir stärken unsere Beziehung also dadurch, dass wir wachsam, achtsam und respektvoll miteinander umgehen.

Das heißt nicht, dass es keine Meinungsverschiedenheit geben kann. Ganz im Gegenteil. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Menschen vollkommen verstehen, ist äußerst gering. Das Missverstehen ist das eigentlich Normale und das Verstehen die Ausnahme. Das ist aber gerade besonders spannend. Es bedeutet aber auch, dass wir uns eine Grundhaltung von Neugier für die Welt meines Gegenübers bewahren sollten. Es ist vielleicht sogar eine Grundvoraussetzung. Durch den Blick auf uns selbst und durch die Reflexion unserer Wahrnehmung auf die Welt, können wir aktiv unsere Partnerschaft gestalten.

4. Achtsam kommunizieren

Es erscheint banal, aber ist sehr wichtig: Wir sollten immer darauf achten, dass wir aus unserer eigenen Sicht in Ich-Form sprechen. Denn solange wir über unsere eigene Wahrnehmung, den eigenen Eindruck, die eigenen Gefühle und die eigene Perspektive sprechen, bleibt das Ohr des Gegenübers geöffnet. Fangen wir jedoch an zu diagnostizieren oder gar zu behaupten, wir hätten einen privilegierten Zugang zur Wirklichkeit, kränken wir vermutlich unser Gegenüber und schaffen damit Distanz. Denn auf der anderen Seite wird gehört, dass sie nicht reichen und nicht richtig sind, so wie sie eben sind. Diese “Grundkränkung” erzeugt Ohnmacht. Hier geht es um mehr als die reine Kommunikationstechnik: Es geht um eine innere Haltung und auch den Ausdruck von Wertschätzung.

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5. Wertschätzen, was ist

Auch in der Partnerschaft ist das Streben nach Perfektion etwas, das uns zuweilen nicht zur Ruhe kommen lässt. Es kann sich lohnen, den Blick bewusst dafür zu schärfen, was schon Wertvolles da ist, und wofür wir in unserer Beziehung dankbar sind. Hier dürfen wir uns den Raum geben, um uns selbst zu fragen: Was schätze ich an meinem Partner oder meiner Partnerin? Und was gefällt mir an der Art, wie wir Beziehung führen?

Diese Wertschätzung können wir als Gefühl in uns aufkommen lassen - und dann auch mit unserem Gegenüber teilen, sowohl in Worten als auch in Handlungen. In einem hektischen und vollen Alltag fällt es uns oft nicht so leicht, dieser Wertschätzung bewusst den Raum zu geben. Eine Möglichkeit, wie das gelingen könnte, wäre zum Beispiel diese: Wir können an jedem Sonntag eine Münze werfen und die Person, die “gewonnen” hat, hat in der kommenden Woche die Aufgabe, sich einen Akt der Wertschätzung auszudenken. Das könnte zum Beispiel ein gekochtes Abendessen, ein Strauß Blumen, ein kleiner Brief sein.


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Über den Gastautor: Dipl.-Psych. Ulrich Wilken ist psychologischer Psychotherapeut und hat vor über 30 Jahren das Institut für Systemische Studien in Hamburg gegründet. Er arbeitet seitdem als Dozent, Einzel- und Paartherapeut. Vor 2 Jahren hat er mit seiner Tochter Leonie myndpaar – die KI-basierte Psychotherapie App gegründet.

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