Burnout Phasen: Was vor dem Ausbrennen kommt

Du bist erschöpft und funktionierst nur noch auf Sparflamme? Gastautorin Nora Dietrich erklärt, welche Burnout Phasen es gibt und wieso du schon beim "Burn-on" aufpassen solltest.

Du möchtest mehr über die Unterschiede zwischen Burnout und Burn-on wissen? In der 7Mind App findest du Wissenseinheiten von unseren Psycholog:innen dazu:

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von Gastautorin Nora Dietrich (Psychotherapeutin)
veröffentlicht am

Der Wecker klingelt. Es ist 6:30 Uhr und alles, was sie fühlt, ist eine bleierne Schwere. Die Gedanken an den Tag - ihre Meetings, das Feedback Gespräch mit ihrem Chef - rasen durch ihren Kopf. Sie weiß: Es sind Erwartungen, denen sie heute einfach nicht gerecht werden kann. 

Seit Wochen ist sie gereizt, macht mehr Fehler, die sie mit noch mehr Perfektionismus und Überstunden versucht zu kompensieren- doch so richtig klappen will das nicht. Sie ist erschöpft. So sehr, dass sie nicht weiß, wie sie all die Verantwortung tragen soll.

Das ist eine Szene, die wir in allen Formen und Farben erleben. Ein Einblick ist das Gefühl, wenn alles zu viel wird. 

In diesem Artikel erfährst du, welche Burnout Phasen es gibt, was es mit Burn-On auf sich hat und wie du früh auf dich achtest.

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Was ist das Burnout-Syndrom? 

Burnout ist ein Zustand tiefer emotionaler, körperlicher und mentaler Erschöpfung, der meist durch chronischen Stress entsteht. Es ist zwar laut dem Diagnose-Manual ICD-11 keine eigenständige psychische Erkrankung, wird allerdings als eine Zusatzdiagnose zu anderen psychischen Erkrankungen wie z.B. Depression oder Angststörung vergeben. Typische Burnout Symptome sind:

  • Erschöpfung und Stresssymptome

  • Zynismus und Frustration

  • Leistungsabfall

  • emotionale Abstumpfung

  • Körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Muskelverspannungen oder Verdauungsprobleme

Wir haben das Gefühl, nichts mehr geben zu können, weil wir bereits alles gegeben haben.

Laut einer Studie des McKinsey Health Institutes (MHI) spürt jede:r fünfte Beschäftigte in Deutschland Burnout Symptome. Dabei spielt neben Arbeitsbelastung und Work-Life-Balance auch ein toxisches Arbeitsumfeld eine Rolle [1].

Du arbeitest in einem toxischen Umfeld? Nora Dietrich verrät dir im 7Mind Podcast, wie du dich vor Mobbing am Arbeitsplatz schützen kannst:

Doch mentale Gesundheit ist kein „entweder-oder“. Kein gesund oder krank. Sondern vielmehr ein Spektrum – von Flourishing bis Krise - auf dem wir uns alle bewegen. Von „Ich wachse über mich hinaus“ bis „Ich kann nicht mehr“. 



Was vor dem Burnout kommt

Der US-amerikanische Soziologe Cores Keyes definierte vier Phasen auf dem Mental Health Spektrum:

BildQuelle: "Mental Health at Work" von Nora Dietrich

🧠 Das Mental Health Kontinuum (nach Corey Keyes)

  • Flourishing: hohe Lebenszufriedenheit, Engagement, Energie.
  • Moderat gesund: funktional, mit leichten ersten Symptomen.
  • Languishing: oder auch “Dahindümpeln”, gefangen in der Leere, ausdruckslos, antriebslos.
  • In der Krise: ernste Symptome von Burnout oder Depression.

Zwischen Flourishing und Burnout liegt ein Zustand, den viele kennen, aber kaum jemand benennt. Dabei könnten wir ein Burnout verhindern, wenn wir diesen Zustand erkennen würden: Burn-On.

Wir sind nicht ausgebrannt, aber knusprig an den Rändern. Wir sind nicht unglücklich, aber so richtig glücklich sind wir auch nicht. Wir erledigen unzählige To Dos, doch mit dem Beigeschmack, dass selbst die schönen Dinge des Lebens nur ein weiteres Muss auf der Liste wird. 

„Ich sollte mal wieder zum Sport.“


„Ich muss meine Freundinnen mal wieder treffen.“

Die äußere Energie ist noch da. Die Meetings laufen, die Projekte auch. Doch innerlich regiert die Erschöpfung. Pausen fühlen sich fremd an und Erholungsmomente machen uns fast nervös. Weil Stillstand das aufdecken würde, was wir lange weggedrückt haben.

Dabei beginnt Burn On selten dramatisch. Sondern leise:

  • Du brauchst länger, um dich zu erholen.

  • Du sagst häufiger Dinge wie „Ich funktioniere einfach“.

  • Du fühlst dich schuldig, wenn du nicht produktiv bist.

  • Du träumst von Auszeiten, nimmst sie aber nicht. „Nur das eine Projekt noch..“

  • Du spürst: Etwas stimmt nicht. Auch körperlich. Aber du findest keine Worte.

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Burnout Prävention beginnt im Kopf

Doch obwohl viele von uns die Frühwarnsymptome von Burnout bereits spüren, ob Spannungskopfschmerzen, Schlafstörungen, Unsicherheit oder eine kurze Lunte in Stresssituationen, machen wir weiter. Durchhalten. Durchziehen. Durchatmen?

Eher nicht. 

Denn leider leben wir in einer Welt, in der Erschöpfungsstolz Einzug erhalten hat. Erst wenn wir abends völlig platt aufs Sofa fallen, haben wir das Gefühl, genug gemacht zu haben. Wir sehen unsere Erfolge erst, wenn sie sich hart anfühlen. Und die Welt? Applaudiert. Denn noch wird unsere Erschöpfung oft bewundert als Engagement. Und zu spät erkannt als Warnsignal.

Mit diesen Glaubenssätzen in Richtung Burnout

Glaubenssätze wie “Wer verletzlich ist, ist schwach” oder “Anhalten ist keine Option” übertönen die Warnsignale. 

Wir haben den Spagat zwischen “höher, schneller, weiter” und “ich kann nicht mehr” so perfektioniert, dass wir lange mit erstaunlicher Energie am Abgrund entlang balancieren.

Viele von uns suchen sich den Burn-on nicht bewusst aus, aber verhindern ihn auch nicht. 

Es klingt wie ein Paradoxon: Wir entscheiden uns nicht bewusst dafür, in einem brennenden Raum zu stehen, aber unsere Untätigkeit, das Feuer zu löschen, wird plötzlich zur bewussten Entscheidung, sagt Therapeutin und Autorin Sara Kubric [2]. 


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Wie erkennst du, wo du stehst?

Frage dich ehrlich: 


Bin ich engagiert – oder schon erschöpft?


Bin ich motiviert – oder getrieben?

Funktioniere ich – oder lebe ich noch?

Wo auf dem Spektrum stehst du heute? Was bräuchtest du, um einen Punkt nach oben in Richtung Selbstfürsorge, Flourishing und Gesundheit zu klettern?

Burnout Phasen: Für jede Phase ein anderer Plan

Wenn du im Flourishing bist:


Feiere es. Pflege deine Ressourcen bewusst, egal ob deine Hobbies, Freund:innenschaften, Zeit allein oder Räume, um dich weiterzubilden. Mentale Gesundheit ist kein Selbstläufer, sondern eine Aneinanderreihung kleiner Entscheidungen. 



Wenn du Potenzial hättest (Moderat gesund):

Nimm die kleinen Hinweise ernst. Frage dich: Was gibt mir Energie? Was raubt sie mir? Wo gibt es Potenzial, Stressquellen zu reduzieren? Manchmal braucht es nicht die große Pause, sondern eine ehrliche Analyse deiner persönlichen Werte, Grenzen und Bedürfnisse und eine Reflexion darüber, ob deine Gewohnheiten zu deinen Vorstellungen passen. 

Wenn du im Burn On bist (Languishing):

Erkenne den Preis, den du zahlst, für deinen scheinbaren Erfolg. Und frage dich: Wer wärst du ohne ständige Anstrengung und Leistungsfähigkeit? Du darfst aufhören zu brennen – ohne aufzuhören, zu wirken. Manchmal ist der Weg raus schwer- deshalb suche dir Vertraute, um nicht bis zum Burnout warten zu müssen.

Wenn du dich im Burnout wiedererkennst:

Es ist mehr? Du bist zynisch? Ziehst dich zurück? Kannst nicht mehr? Du bist nicht allein. 

Dann kommen hier ein paar konkrete Impulse. 

Lerne Signale für Burn-On und Burn-Out kennen mit der 7Mind App:

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Was hilft bei Burnout? 5 Tipps

1. Sprich mit jemandem

Reden entlastet. Suche ein vertrautes Gespräch mit einer Person, der du vertraust: Freund:in, Partner:in, Kolleg:in oder Therapeut:in. Das Aussprechen bricht die Isolation – der erste Schritt ist oft der schwerste, aber entscheidend.

2. Lass dich professionell begleiten

Ein:e Psychotherapeut:in oder Hausärzt:in kann helfen, den Zustand einzuordnen und passende Maßnahmen zu ergreifen. Du musst da nicht allein durch. Hilfe zu holen ist ein Zeichen von Stärke und Selbstverantwortung - nicht Schwäche. Wenn du dich fragst, wie du an einen Therapieplatz kommst oder welches Therapiekonzept für dich am besten ist, schau mal hier vorbei.

3. Reduziere Belastung – konkret und sofort

Sag bewusst „Nein“, streiche Aufgaben, nimm dir Auszeiten. Selbst kleine Erleichterungen (ein freier Nachmittag, keine E-Mails am Abend) helfen dem Nervensystem. Dein Körper braucht dringend Erholung. Am hilfreichsten ist es, auch im Job dafür Unterstützung zu bekommen z.B. im Gespräch mit deiner Führungskraft oder dem People & Culture Team. Gemeinsam könnt ihr schauen, wie ihr mit der hohen Arbeitsbelastung umgehen könnt.

4. Gönn dir Pausen ohne Produktivitätsdruck

Nicht jede Pause muss "nützlich" sein. Spazieren, atmen, nichts tun – das Nervensystem reguliert sich nicht im Leistungsmodus. Achtsamkeitstraining, Ruhe und Natur helfen oft mehr als Aktivität. Auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training können helfen, Stress und Anspannung zu reduzieren.

5. Erinnere dich: Du bist mehr als dein Job

Burnout betrifft oft engagierte Menschen. Sich zu erschöpfen heißt nicht, gescheitert zu sein. Es heißt, dass du zu lange zu viel gegeben hast. Verantwortung bedeutet auch, rechtzeitig auf dich selbst zu achten. Reflektiere, welche Glaubenssätze dich davon zurückhalten, einen Gang runterzuschalten und erinnere dich daran, dass du nicht erst leisten musst, um etwas wert zu sein! 

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Produktivität neu denken

Manchmal frage ich mich: Was wäre, wenn unsere Produktivität nicht von Erschöpfung, sondern von Energie käme? Wenn Leistung nicht in Überstunden, sondern in Impact gemessen würde? Wenn Gesundheit kein Kompromiss, sondern eine tägliche Praxis wäre?

Und die wichtigste Frage ist nicht: "Wie viel halte ich noch aus?"


Sondern: „Was darf ich fallen lassen?"


Fragen & Antworten

1. Wie viele Stufen gibt es bei Burnout?

Die Forschung beschreibt meist 3 bis 12 Burnout Phasen. Ein verbreitetes Modell sind 12 Burnout Phasen nach Herbert Freudenberger und Gail North, beginnend mit übermäßigem Ehrgeiz bis hin zu totaler Erschöpfung. Vereinfachte Modelle fassen Burnout in 3 Hauptstufen zusammen: Stress, chronische Erschöpfung, Kollaps.

2. Was ist ein stiller Nervenzusammenbruch?

Ein „stiller“ Nervenzusammenbruch ist kein klinischer Begriff oder an sich eine anerkannte psychische Erkrankung, beschreibt aber oft einen verheimlichten Burn Out. Im Außen bleibt die Fassade eines guten Lebens bestehen, aber innerlich ist die emotionale Erschöpfung groß. Mögliche Symptome sind: Ungeduld, Sensibilität, Verzweiflung und Rückzug.

3. Wie lange dauert im Durchschnitt ein Burnout?

Die Dauer variiert stark. In leichten Fällen kann Erholung in wenigen Monaten gelingen. Bei schweren Verläufen dauert die Genesung oft 6–24 Monate. Entscheidend sind Schweregrad, Unterstützung, Behandlung und ob strukturelle Belastungen im Job dauerhaft verändert werden.

4. Wie kann man einem Burnout vorbeugen?

Wichtig ist es bei der Burnout Prävention, sich realistische Ziele und Erwartungen zu setzen, ehrliche Pausen zu machen, den Schlaf gesund zu gestalten, soziale Unterstützung zu suchen und Grenzen zu setzen, um chronischen Stress entgegen zu wirken. Wenn wir im Job immer wieder die gleichen Stressoren erleben, sollten wir frühzeitig das Gespräch suchen. Aber auch Organisationen können durch wertschätzende Führung, klare Rollen und faire Arbeitsverteilung strukturell vorbeugen.

5. Was ist der Unterschied zwischen Burnout und Depression?

Burnout ist keine anerkannte Diagnose, sondern wird als Zusatzdiagnose zu anderen psychischen Erkrankungen wie z.B. Depression oder Angststörung vergeben. Es wird definiert als ein Syndrom, das aus chronischem Stress am Arbeitsplatz resultiert, der nicht erfolgreich bewältigt wurde. Es ist gekennzeichnet durch: Erschöpfung, eine zunehmende mentale Distanz oder negative Haltung gegenüber dem eigenen Job und ein Gefühl verringerter beruflicher Leistungsfähigkeit.

Depression hingegen betrifft alle Lebensbereiche, geht oft mit Niedergeschlagenheit, Schuldgefühlen und dem Verlust von Interesse einher – unabhängig vom Arbeitskontext.


Quellen:

[1] Brassey J, Herbig B, Jeffery B, Ungerman D. Reframing employee health: Moving beyond burnout to achieving physical, mental, social, and spiritual health | McKinsey. www.mckinsey.com. Published November 2, 2023. https://www.mckinsey.com/mhi/our-insights/reframing-employee-health-moving-beyond-burnout-to-holistic-health

[2] Kuburic, S. (2023). It's on me: Accept hard truths, discover your self, and change your life. Quercus Publishing


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Nora Dietrich ist approbierte psychologische Psychotherapeutin, Expertin für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz, Gründerin von Between People, Speakerin und Autorin von “Mental Health at Work”, dass im Juni 2025 erschienen ist. Die zentrale Frage, die sie antreibt: Was brauchen wir, um unsere beste Arbeit zu leisten und dabei gesund zu bleiben? Dabei bricht sie mit längst verstaubten Tabus und macht die Psychologie salonfähig, denn sie glaubt, die Arbeit der Zukunft ist vor allem eins: gesund. 

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