Keine Zeit zu haben, ist eine Entscheidung

"Keine Zeit" ist Ausrede Nummer eins. Wir brauchen nichtmal ein schlechtes Gewissen zu haben, denn Zeitmangel kennt jeder. Schluss damit! Vier Impulse, wie wir uns aus der selbstgemachten Misere befreien, liest du hier.

Von Alexandra Gojowy

Keine Zeit = Selbst schuld?

“Ich würde ja so gerne, aber ich hab leider keine Zeit.” “Schade, das klingt wirklich toll, aber ich hab einfach keine Zeit.” “Wenn ich mehr Zeit hätte, dann würde ich mitkommen, aber ich kann leider nicht.”

Wenn wir diese Ausreden benutzen, ernten wir oft traurige, verständnisvolle Blicke. Denn wenn es von einer Sache einfach nicht genug gibt, dann ist es Zeit. Zeit, für den Job, Zeit für die verschiedenen Freund:innenkreise, Zeit für Partner:in, Zeit für die Katze, Zeit zum Entspannen, Zeit für sich selbst und die eigenen Hobbies. Während wir ständig unserer Freizeit hinterherlaufen und am Sonntagabend den Beginn der neuen Woche betrauern, vergessen wir, dass die Verantwortung für unser Zeitmanagement immer noch bei uns selbst liegt.

Klar, wir alle wollen ein herausforderndes Leben, doch wenn sich Anspannung und Entspannung nicht mehr die Waage halten, kann die Belastung auf Dauer krank machen. Statt immer mehr Termine zu streichen, Kompromisse einzugehen und uns im Alltag zu verlieren, sollten wir lieber nüchtern Bilanz ziehen. Sind wir wirklich die ganze Zeit so busy, oder ist das Drama des Zeitmangels teilweise selbst verursacht? Wir geben dir vier Denkanstöße, die dir helfen können, deinen Zeithaushalt zu entrümpeln und die Uhren auch mal anzuhalten.

1. Wir sind mehr als die Summe unserer Erlebnisse

Warte, was? Sollten wir nicht letztens noch Postkarten sammeln, dass nächste Coaching absolvieren und möglichst oft durch die Straßen einer südeuropäischen Trendmetropole schlendern – Erinnerungen, statt Gegenstände sammeln? Natürlich sind die schönen Dinge des Lebens da, um genossen zu werden. Schließlich braucht jeder mal eine Pause. Doch im Zeitalter der Billigfluglinien jagt ein Highlight das nächste und sogar der Ausflug in den nächsten Stadtpark will so gut geplant sein, dass man zwischen Buffet und Picknickdecke nichts missen muss. Wer will schon an einem freien Wochenende falsche Entscheidungen treffen, schlecht essen, im Regen sitzen oder seine Zeit mit Nichtstun verschwenden? Das schreit allerdings nach Zeitmangel, oder auch falschen Prioritäten.

Die Qualität unserer Lebenserfahrung messen wir oft an der Intensität unserer Erlebnisse. Je lauter und bunter die Party, je verrückter die Begegnungen, je malerischer die Natur, desto besser bewerten wir die verbrachte Zeit. Egal, ob uns der nächste Städtetrip stresst und wir im vermeintlichen Zeitmangel untergehen – etwas zu erleben, ist immer noch besser, als das Wochenende auf der Couch zu vergammeln. Es wird deutlich, wie sehr wir auf äußere Erlebnisse fixiert sind und dass uns ein Samstag, den wir trotz Sonnenschein im Bett verbringen, schon fast peinlich ist. Haben wir also wirklich keine Zeit für uns selbst, oder wollen wir sie uns nicht nehmen, aus Angst, etwas Aufregenderes zu verpassen? Ja, manchmal braucht man die verrückte Party, um sich am nächsten Montag wieder in den Alltag zu stürzen. Manchmal täten wir aber gut daran, alle Pläne abzublasen und die Lebenszeit wieder in uns zu investieren, statt sie für das nächst große Erlebnis auszugeben.

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2. Keine Zeit oder keine Lust?

“Keine Zeit” ist eine Universalausrede, die wir auch gerne nutzen, wenn wir einfach nur keine Lust haben. Niemand erteilt gerne Absagen, Unehrlichkeit stresst uns aber mindestens genauso, wenn auch nur unterbewusst. Auf kleine Notlügen zu verzichten, hat aber auch einen anderen Effekt: Wir entdecken, was uns wirklich wichtig ist. Frei nach dem Motto “Wenn es kein Ja ist, ist es ein Nein”, finden wir ganz schnell heraus, wann wir nur halbherzig zusagen und wann wir wirklich voll und ganz am Start sind. Schlimmer als Zeitmangel ist nämlich nur die ewige Unverbindlichkeit von jemandem, der sich vor Enthusiasmus kaum halten kann, wenn man nach einer Verabredung fragt, im letzten Moment aber immer absagt. Liegt es dann wirklich daran, dass wir keine Zeit haben oder sie anders nutzen möchten?

Besser wäre es, offen zuzugeben, dass man Zeit für sich braucht, denn das inspiriert auch andere, kleine Notlügen endlich mal ad acta zu legen. Am besten wir organisieren unsere Aufgaben so, dass sie zu unseren beruflichen, sozialen und privaten Bedürfnissen passen. So haben wir mehr Zeit für uns selbst und automatisch wieder mehr Lust, diese mit anderen zu teilen.

3. Was sind die größten Zeitfresser?

Mal ehrlich, was sind die größten Zeitfresser im Alltag? Job, Freund:innen und Familie nehmen große Zeitblöcke in Anspruch, aber wie gestalten wir die freien Momente dazwischen? Laut einer Studie verbringen Amerikaner:innen die meiste Zeit ihres Tages mit schlafen, arbeiten und Netflix schauen. Erschreckender Weise nimmt das Streamen von Serien und Filmen mittlerweile mehr Zeit des Tages ein, als essen, lesen oder die Selbstfürsorge. Hinzu kommt, dass wir täglich mehr als zwei Stunden in den Sozialen Netzwerken verbringen.

Unsere Mediennutzung raubt uns also einen erheblichen Teil unserer Freizeit. Jeder weiß, wie die Zeit verfliegt, wenn wir gedankenverloren durch den Instagram Feed scrollen. So gut es auch tut, das Gehirn für ein paar Stunden abzuschalten – Wer Zeit hat, täglich 90 Minuten bei Netflix zu verbringen, hat Zeit. Sie vor dem Laptop zu verbringen, ist eine bewusste Entscheidung und hat wenig damit zu tun, wirklich beschäftigt zu sein.

4. Sich in der Zeit spüren

Achtsamkeitstraining kann dabei helfen, im Kopf mal wieder ein Level herunterzufahren. Eine halbe Stunde auf Instagram zu verbringen ist leicht, aber wie wäre es, 30 Minuten lang nichts zu tun und ganz bei sich selbst anzukommen? Das Gefühl intensiver Selbstwahrnehmung ist so ungewohnt, dass viele Menschen es sogar als unangenehm empfinden. Doch mit etwas Übung erkennt man schnell, was für ein großes Potential in dieser jahrtausendealten Übung steckt. Alles, was man braucht, um zu meditieren sind ein paar Momente der Ruhe und den Willen, etwas Neues auszuprobieren. Nach den ersten Minuten stellt sich bereits Langeweile ein? Gut so, denn endlich rauschen die Minuten mal nicht spurlos an uns vorbei. Das Gefühl keine Zeit zu haben, kann sich so langsam in Ruhe und Gelassenheit verwandeln.

Wie viel Zeit wir haben, ist also weniger wichtig, als das, womit wir unsere Zeit verbringen. Egal, ob Hobby, Nichtstun, Netflix, Arbeit oder Sozialleben – erinnern wir uns daran, dass wir einen Einfluss auf all diese Bereiche haben. Was davon zum Zeitfresser wird, muss jeder für sich selbst entscheiden. Niemand hat die Macht darüber, uns die Zeit zu stehlen. Zeit zu haben ist eine Entscheidung und vor allem eine Frage der Prioritäten. Oft können wir an wichtigen Stellschrauben drehen und nicht selten reicht es schon, einfach weniger zu machen, um den ständigen Druck ein wenig rauszunehmen. Vor allem aber, sollten wir den Fokus nicht auf den Zeitmangel richten, sondern auf eine gesunde Balance zwischen dem, was getan werden muss, und was uns wirklich wichtig ist - Hier und Jetzt.


Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:


Bild: Miriam Alonso via pexels

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