Aus der Komfortzone: Was wirklich bei Lampenfieber hilft

Neue Situationen machen uns Angst, vor allem wenn etwas auf dem Spiel steht. Wir haben für dich 4 Schritte, mit denen du gegen Lampenfieber vorgehen kannst.

Lampenfieber überwinden

Dieser Artikel ist ein Transkript aus dem 7Mind Podcast mit René Träder. Wenn du die komplette Folge anhören möchtest, klicke hier:

Hi und herzlich willkommen im 7Mind Podcast. Mein Name ist René Träder und das ist die 147. Impulsfolge. In den nächsten Minuten geht es um die Frage, wie wir mit Unsicherheiten umgehen können: Zum Beispiel mit Prüfungsangst oder mit Lampenfieber, zum Beispiel im beruflichen Kontext und natürlich auch bei Vorstellungsgesprächen.

Meine Kernbotschaft will ich dir gleich schon zu Beginn sagen. Sie lautet: Komm in Verbindung zu deinen Emotionen. Also verdränge die Aufregung nicht, sondern spüre sie ganz bewusst und dann schmeiß dich voll und ganz in die Situation. Bringe den Fokus weg von dir hin zu dem, worum es gerade wirklich geht. Wie wir das hinbekommen können und welches Mindset und welche Techniken uns dabei ganz konkret helfen können, das verrate ich dir gleich.

Warum wir uns über Aufregung freuen dürfen

Es geht los mit der Frage, wie wir mit Aufregung besser umgehen können und dafür sorgen können, dass sie uns nicht lähmt. Aufregung, egal wie sie ganz konkret heißt, ist völlig normal: Ob es sich um Prüfungsangst handelt oder um Lampenfieber vor einem Auftritt oder einer Präsentation oder wenn es sowas wie Nervosität vor einem Vorstellungsgespräch ist oder auch vor einem Konfliktgespräch oder auch vielleicht vor einem Date. Alles das fühlt sich zwar unangenehm an, ist aber völlig normal.

Wir sind aufgeregt, weil wir vor einer neuen, unbekannten Situation stehen, weil wir etwas machen, was wir nicht ständig machen, weil uns die Situation wichtig ist, weil es um was geht und häufig auch, weil es dabei um Bewertungen von außen geht. Also ganz simpel z.b. um Noten, wenn es um eine Prüfung geht oder ob wir den Job bekommen oder nicht oder auch, ob andere uns mögen oder nicht. Und all diese ganzen vielen Bewertungen und Absichten und Hintergründe, die tragen dazu bei, dass wir aufgeregt sind.

Aufregung sagt aber rein gar nichts über unsere Qualitäten aus oder darüber, ob wir etwas gut oder schlecht können, ob wir passend oder unpassend sind. Aufregung ist nichts weiter als ein Zeichen dafür, dass es sich um etwas handelt, was irgendwie ungewohnt ist, was außerhalb unserer Komfortzone liegt. Unser inneres System versucht uns gerne zu schützen. Das ist durchaus gut gemeint, aber nicht immer gut: Denn die Komfortzone zu verlassen, neue Erfahrungen zu machen und sich dadurch weiterzuentwickeln, das ist etwas ganz Wichtiges im Leben und das stärkt auch unsere Resilienz - also unsere psychische Widerstandsfähigkeit. Wenn wir immer nur in unserer Komfortzone bleiben, ist das Leben doch ziemlich langweilig oder? Von daher ist der erste wichtige Schritt, wenn du die Aufregung bei dir spürst - und das klingt vielleicht erstmal komisch - aber dann freue dich darüber, denn du bist gerade dabei zu lernen, du bist gerade dabei bist dich weiterzuentwickeln und dadurch deine Komfortzone zu erweitern und dir mehr Flexibilität und Freiheit im Leben zu erarbeiten.

Ganz nebenbei gesagt: Diese Aufregung zeigt doch auch, dass du lebendig bist, dass du ein Lebewesen bist, bei dem gerade was passiert. Und das ist doch erstmal schön. Da kann man da auch wirklich erst einmal dankbar dafür sein! Lass dich also von der Aufregung nicht einschüchtern, lass dich von der Aufregung nicht runtermachen, nimm die Aufregung an. Sage ja!

Würdest du das, was bei dir für Aufregung sorgt, jeden zweiten Tag machen, wärst du sicher nur halb so aufgeregt, wenn überhaupt! Es fehlt einfach die Routine. Aber jede Routine beginnt mit einem ersten Mal oder geht mit einem zweiten und dritten Mal weiter, wo man auch immer noch aufgeregt ist. Von daher lade die Aufregung nicht mit mehr Energie auf, als sie verdient hat. Nimm sie an aber verfange dich nicht in emotionalen Schleifen oder in Gedankenschleifen. Damit meine ich: Nähre die Aufregung nicht, feuere sie nicht noch zusätzlich an. Beobachte dich selbst ganz kritisch, ob dein Umgang mit der Aufregung dazu beiträgt, die Aufregung in den Griff zu bekommen oder ob sie dazu beiträgt, dass die Aufregung größer wird.

Schritt 1: Aufregung annehmen und… atmen!

Im ersten Schritt geht es also darum, die Aufregung auf emotionaler und auf kognitive Ebene anzunehmen und im besten Fall dafür zu sorgen, dass die Aufregung ein bisschen kleiner wird. Aus meiner Sicht geht das am besten durch körperliche Methoden: Eine bewusst langsame Atmung kann sehr schnell für Entspannung sorgen. Es gibt viele verschiedene Atemtechniken, viele stammen aus dem Yoga. Falls du also Erfahrung mit Yoga hast, schau doch mal, ob du auch in anderen Kontexten bestimmte Atemtechniken anwendest. Wenn Aufregung ein großes Thema für dich ist im Leben, dann ist es vielleicht eine gute Idee dich mit Yoga vertraut zu machen und diese Techniken dort zu lernen und sie dann rüber zu bekommen in das Leben außerhalb der Matte.

Die wirklich einfachste Atemtechnik ist folgende: Du atmest doppelt so lang aus, wie du eingeatmet hast. Für einige Menschen ist das besonders wirksam, wenn sie dabei gedanklich zählen z.b. bis 3 beim Einatmen und bis 6 beim Ausatmen. Eine Variante davon ist in Schüben zu atmen: Also du atmest in drei Schüben ein und dann atmest du in 6 Schüben aus. Ich mag es auch sehr, wenn man einmal lang ausatmen und mit dem Ausatmen auch die Anspannung ziehen lässt und sich dabei vielleicht auch vorstellt, wie bestimmte Gedanken von dannen ziehen. Die Atemtechnik kann man wunderbar im Vorfeld machen, aber auch direkt in der Situation z.b. bei einer Prüfung oder auch kurz bevor man mit seiner Präsentation dran ist.

Solange wir angespannt sind, erleben wir Stress und sind dann in einem “Wahrnehmungstunnel” und nur bedingt handlungsfähig. Ganz bildlich gesprochen, blockiert Anspannung uns, unsere Muskeln sind dann wie versteinert und dann können wir uns nicht mehr normal verhalten, weil wahnsinnig viel Energie durch die Anspannung drauf geht. Damit man sich nicht zusätzlich noch dadurch stresst, weil man merkt, dass man angespannt ist, und dass einem dadurch Energie fehlt. Es geht gar nicht darum, dass man tiefenentspannt in dieser Situation ist. Das wäre irgendwie auch seltsam, wenn man sich beim Bewerbungsgespräch oder bei einem Pitch genauso fühlen würde, wie zu Hause mit Jogginghose auf dem Bett liegend - es ist okay, dass man spürt, dass die Situation nicht alltäglich ist, dass es eine Ausnahmesituation ist, dass man Angst vor Bewertung hat oder Angst vor Zurückweisung hat, das ist also um etwas geht, das einem das gerade wichtig ist.

Durch einen bewussten Umgang mit der Anspannung, können wir aber dafür sorgen, dass die Anspannung etwas geringer wird und wir dadurch etwas freier handeln können und dadurch wiederum besser performen können. Das gilt für eine Klausur, das gilt für eine mündliche Prüfung, für ein Job Interview, für ein Krisengespräch und auch sogar für ein Date.

Schritt 2: Fokussiere dich darauf, worum es wirklich geht

Der zweite hilfreiche Schritt ist, den Fokus zu verschieben: Weg von meinen Emotionen und Gedanken hin zu dem, worum es in der Situation wirklich geht. Damit meine ich, dass es uns gut tut, wenn wir es schaffen, uns nicht permanent selbst zu beobachten, sondern uns auch das Thema zu konzentrieren. Denn ganz selten geht es in solchen Situationen um uns oder darum, wie wir aussehen, wie unsere Klamotten sitzen, ob wir aufgeregt sind oder nicht, ob wir gemocht werden oder nicht. Häufig geht es eher um eine Sachebene, es geht um ein Thema, dass wir pitchen, das geht es um Fakten oder Argumente, wir wollen über etwas informieren oder wir wollen für etwas sensibilisieren oder für etwas werben.

Ich will das noch mal deutlich machen durch ein paar Beispielen: Wenn wir auf der Bühne stehen, geht das z.b. um einen Theaterstück. Unsere Aufgabe ist es, die Figur zu sein, die wir spielen. Es geht nicht um uns als Person. Wenn wir eine Präsentation halten, dann geht es um Wissen, das transportiert werden soll - wir sind der Vermittler oder die Vermittlerin. Und selbst in einem Bewerbungsgespräch geht es gar nicht so sehr um uns, sondern eher um die Frage, ob es eine Passung gibt, zwischen dem, was wir mitbringen und dem was die Stelle verlangt.

Die Aufregung hat ihre Wurzeln aber häufig in unserem Ego, das Angst vor Verletzung hat und wir betreiben Selbstschutz. Diese Aufregung will uns also schützen, damit unser Ego nicht so angeknackst werden kann. Deshalb schlage ich vor, von dieser sehr persönlichen Ebene so schnell wie möglich auf die eigentliche Sachebene zu kommen und sich selbst zu fragen: Was ist jetzt mein Job bei dieser Sache? Was ist meine Funktion? Was soll ich tun? Und eben nicht: Wie soll ich wirken? Und hoffentlich finden mich alle toll.

Schritt 3: Gute Vorbereitung hilft, dich sicherer zu fühlen

Der dritte Schritt, der uns helfen kann, mit Aufregung besser umzugehen, ist eine intensive Vorbereitung. Je besser wir vorbereitet sind, je besser wir uns auf diese Sachebene im Vorfeld konzentriert haben, desto sicherer können wir uns auch fühlen. Und auch hier geht es gar nicht um eine hundertprozentige Sicherheit, sondern vor allem darum, sich etwas mehr Bewegungsfreiraum wieder zu erarbeiten, so dass man sicherer in die Situation gehen kann und einen währenddessen nicht so viel umhauen kann.

Eingangs habe ich gesagt, dass Aufregung vor allem damit zusammenhängt, dass es sich um etwas Neues handelt. Gedanklich können wir im Vorfeld schon vieles durchspielen, damit sich die Situation später nicht ganz so neu anfühlt. Diese Art von “Trockenschwimmen” ist natürlich noch mal was anderes, als wenn man dann wirklich ins Becken springt. Aber ohne das Trockenschwimmen wäre der Sprung ins Wasser nochmal krasser.

Schritt 4: Reflektiere und erlaube dir zu lernen

Der vierte Schritt ist auch ganz wichtig, aber vor allem auf langfristiger Sicht. Der vierte Schritt erfolgt nämlich nach der Situation. Dann nimmt man sich einen Moment Zeit zum Reflektieren und fragt sich: Was war gerade gut und womit bin ich noch nicht zufrieden? Man fragt sich ganz konkret: Was habe ich denn dazu beigetragen, dass ich das und das gut gemacht habe, was wusste ich, was konnte ich, was hat mir in der Vorbereitung geholfen? Und dann fragt man sich auch: Was könnte ich nächstes mal in der Vorbereitung anders machen? Oder auch: Was würde ich nächstes mal in der Situation gerne anders machen wollen?

Wir sind lernfähige Tiere und wir dürfen uns auch selbst liebevoll erlauben zu wachsen. Es muss nicht alles perfekt sein. Vielleicht wird niemals so eine Situation perfekt sein, aber wir können lernen, immer besser und besser mit so einer Situation umzugehen und in so einer Situation zu performen. Das bedeutet Arbeit: Also eine gewisse Form der Lockerheit, der Leichtigkeit, die ist nicht einfach so da, sondern die erarbeitet man sich. Und es geht gar nicht darum, keine Aufregung zu spüren, sondern es geht eher darum, einen Weg zu finden, mit der Aufregung umzugehen und trotz der Aufregung ins Handeln zu kommen und dann dazuzulernen.

Aufregung hilft uns zu wachsen!

Aufregung ist normal, Aufregung bedeutet lebendig zu sein. Sie zeigt uns, dass etwas für uns ungewöhnlich ist. Aufregung ist aber keine Bewertung. Lass dich von Aufregung nicht einschüchtern, sondern lass dich von ihr ins Abenteuer führen und freu dich darüber, dass deine Komfortzone nun die Chance hat um ein paar Zentimeter größer zu werden. Versuche den Fokus weg von dir und hin zu dem zu bringen, worum es wirklich geht. Meistens sind wir der Botschafter für etwas und egal, wie die Situation ausgeht: Sei lieb zu dir. Sei fair zu dir und sieh das als Lernweg an.

Bild

Dieser Artikel ist ein Transkript aus dem 7Mind Podcast mit René Träder. Wenn du die komplette Folge anhören möchtest, klicke hier:

Foto: Cottonbro auf Pexels

Achtsamkeitsimpuls

Erhalte unsere neuesten Artikel, Achtsamkeitsimpulse und Angebote in unserem monatlichen Newsletter!

*Pflichtfelder

7Mind wirkt positiv. Erfahre mehr.