4 Tipps, wie du Missverständnisse vermeidest

Missverständnisse entstehen überall, wo wir kommunizieren. Also immer und ständig. Hier ist alles, was du über Kommunikation wissen musst und 4 Tipps, um Missverständnisse zu vermeiden.

von Juliane Meyer-Benz

Auf der Arbeit, sowie Zuhause. Beim Chatten oder Essen bestellen - Missverständnisse kommen da vor, wo wir kommunizieren. Und das ist eigentlich überall und ständig. Ein Kommentar, ein Blick oder sogar ein Outfit wird falsch verstanden und dann haben wir den Salat. Mindestens eine, wenn nicht beide Betroffene fühlen sich gekränkt. Und die Stimmung dann wieder zu lichten, kostet Zeit, Energie und viele Worte. In diesem Artikel erfährst du, wie Missverständnisse entstehen und wie du konstruktiv mit ihnen umgehen oder sie sogar verhindern kannst.

Was ist das eigentlich: Kommunikation?

Menschen sind soziale Wesen. Und ständig in Kontakt miteinander! Damit meine ich nicht, dass wir durchgängig am Quasseln sind: Kommunikation geschieht auf viel mehr Ebenen als nur der gesprochenen. Deine Handlungen sagen etwas über dich aus. Die Art, wie du dich bewegst und die Klamotten, die du trägst. Ob du es möchtest oder nicht - all diese Dinge beeinflussen, wie du auf andere wirkst und löst eine Reaktion in ihnen aus. Nicht ohne Grund besagt das alte Sprichwort: “Ein Blick sagt mehr als tausend Worte”. Trauer, Wut, Freude, Angst - das sind Emotionen, die wir anderen meist direkt ansehen. Sozusagen vom Gesicht ablesen können. Dazu kommen oft auch eindeutige Laute, so wie Lachen, Weinen, Seufzen, eine erhobene Stimme oder ängstliche Ausrufe. Und auch die Körperhaltung kann einiges über unseren emotionalen Zustand verraten.

Missverständnisse in der Kommunikation

Und ja, Missverständnisse können auf all diesen Ebenen stattfinden. Zum Beispiel in Form von Vorurteilen: Hast du schon einmal gedacht, dass die Person im Rocker-Outfit vielleicht aggressiver sein könnte? Oder, dass die komplett in Schwarz gekleidete sicher tiefe Trauer in sich trägt? Oder in einem anderen Kontext: Du bekommst eine Nachricht ohne Smileys oder Satzzeichen und leitest sofort ab, dass die Person dich wohl nicht leiden kann. Oft ist es uns nicht bewusst - doch wir Menschen neigen dazu, die Absichten, Gefühle und Gedanken anderer auszufüllen wie einen Lückentext. Und was dabei rauskommt sind Annahmen, die auf unseren eigenen Erfahrungen und Einstellungen basieren und oft gar nicht so viel mit dem Gegenüber zu tun haben.

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Und wieso kommunizieren wir?

Na, um zu Überleben! Okay, das ist vielleicht nicht die Antwort, die du hören wolltest. Doch mit ihr möchte ich einen wichtigen Punkt einleiten: Wie alle haben unterschiedliche Perspektiven auf die Welt. Und auch wenn das häufig zu Missverständnissen führt, ist es eine unserer größten Stärken:

So wie eigentlich jede menschliche Fähigkeit in ihrer Urform diente auch die Kommunikation ursprünglich dem Überleben als Gemeinschaft: Wenn ein Stammesmitglied eine Gefahr wahrnahm, konnte es durch Mimik, Gestik und Laute darauf aufmerksam machen. Im Laufe der Evolution waren wir durch anatomische und motorische Anpassungen zu immer komplexeren Lauten im Stande: Es entwickelte sich die verbale Sprache, im Tandem mit der Fähigkeit, abstrakt zu denken. So konnten wir immer besser reflektieren, schneller lernen und planen - uns also effektiver vor Gefahren schützen, uns um Nahrung kümmern und in Gemeinschaft leben.

Als soziale Wesen ist es überlebenswichtig, Wissen miteinander zu teilen. Denn natürlich verfügen nicht alle über dasselbe Wissen. Und an dieser Stelle kommt die  “Theory of Mind”(dt. Theorie des Geistes) ins Spiel.

Theory of Mind: Die Realität des Gegenübers verstehen

Stell dir folgendes Szenario vor: Sally und Anne sind gemeinsam in einem Zimmer. Sally hat eine Murmel und legt sie in ihren Korb. Dann verlässt sie das Zimmer. Während Sally weg ist, nimmt Anne Sallys Murmel aus dem Korb und legt sie stattdessen in ihre eigene Box. Sally kommt zurück und möchte mit ihrer Murmel spielen. Jetzt kommt die Frage: Wo sucht Sally als erstes nach ihrer Murmel?

Vermutlich ist dein Tipp: In ihrem Korb. Richtige Antwort! Denn Sally weiß ja nicht, dass Anne während sie weg war die Murmel aus dem Korb herausgenommen und in die Box gelegt hat. Ziemlich leichtes Rätsel, oder? Nicht unbedingt. Vor allem für Kinder unter 3 Jahren ist die richtige Antwort nur schwer nachvollziehbar - denn sie haben das Prinzip der Theory of Mind noch nicht verstanden. Die Theory of Mind beschreibt das Wissen, dass Menschen unterschiedliche Aspekte der Realität wahrnehmen. Und deshalb einen unterschiedlichen Wissensstand haben. Diese Fähigkeit wurde im Jahr 1985 von dem Team um Simon Baron-Cohen mit dem “Sally-Anne Test” untersucht: Der Test bestand aus dem kleinen Rätsel, das ich dir gerade vorgestellt habe. Die meisten Erwachsenen und älteren Kinder verstehen, dass Menschen Überzeugungen, Meinungen und Absichten haben, die anders sein können als ihre eigenen. Und dieses Bewusstsein bietet eine Grundvoraussetzung für effektive Kommunikation. Denn es hilft dabei, andere Perspektiven zu verstehen. Sie auch zu respektieren, mag aber weiterhin eine Herausforderung sein.

Dieser kleine Ausflug in die Evolutionsgeschichte führt uns also zur ersten Erkenntnis:

Deine einzigartige Kommunikation

Und nicht nur deine Wahrnehmung basiert auf deinen eigenen Erfahrungen; deine Kommunikation tut es auch!

Die Art und Weise, wie und worüber du sprichst, ist total individuell. Deine Kommunikation wurde und wird von vielen Dingen geformt: deinem sozialen Umfeld, Wertvorstellungen, Bildung, deiner Persönlichkeit und natürlich den Erfahrungen, die du sammelst.

Letztendlich ist deine Art zu sprechen auch ein Ausdruck deines Denkens. Es ist also die Mühe wert, dir genauer anzuschauen, wie du kommunizierst. Denn Missverständnisse passieren oft nicht erst im Sprechen. Manchmal beginnen sie schon im Denken!

Hab deine vier Ohren im Blick!

Lass uns die Elemente der Kommunikation einmal genauer anschauen: Das Sprechen, das Verstehen, und alles, was dazwischen so alles schief laufen kann. Das sogenannte “Vier-Ohren-Modell” von Friedemann Schulz von Thun beschreibt, dass jede Äußerung gleichzeitig 4 Botschaften enthalten kann. Dabei wird auch von 4 Ohren gesprochen.

Stell dir vor, der Winter bricht ein und Micha und Tony machen einen Spaziergang im Park. Micha klappert mit den Zähnen und sagt laut: Es ist kalt. Eine recht simple Aussage. Doch da kann einiges dahinter stecken und hinein interpretiert werden. Je nachdem, mit welchem Ohr die Aussage gehört wird.

  1. Beim “Sachohr” geht es um Fakten und Informationen. Mit einem Sachohr könnte Tony verstehen, dass Micha die geringe Außentemperatur wahrnimmt. Recht pragmatisch also.

  2. Beim “Selbstoffenbarungsohr” geht es darum, was die Sender:innen über sich selbst preisgeben, z.B. ein Gefühl oder ein Bedürfnis. Michas Botschaft auf dieser Ebene könnte sein: Mir ist kalt und ich will so schnell wie möglich zurück nach Hause.

  3. Mit dem “Beziehungsohr” hören wir Hinweise über unsere Beziehung mit dem Gegenüber. Tony könnte sich erinnern, dass es ihre Idee war, raus zu gehen und versteht die Aussage dann vielleicht so: Was für eine blöde Idee das von dir war, spazieren zu gehen.

  4. Und schließlich haben wir das “Appellohr”. Auf dieser Ebene geht es um Wünsche, Bitten oder Aufforderungen. Wenn Tony Micha’s Aussage mit einem Appellohr hört, könnte sie sie etwa so aufnehmen: Gib mir bitte deinen Schal.

Das Interessante ist, dass in einer Kommunikation oft mehrere Botschaften mitschwingen. Wenn du sagst: “Kannst du bitte das Fenster öffnen?” steckt vielleicht nicht nur eine neutrale Bitte darin, sondern womöglich auch eine genervte Botschaft auf der Beziehungsebene, z.B. “Ich muss dich immer daran erinnern zu lüften”. Oder eine Selbstoffenbarung, wie “Ich bin zu müde, um aufzustehen”.

Das Modell zeigt, wie leicht Missverständnisse entstehen können und dass für Sender:in und Empfänger:in manchmal unterschiedliche Bedeutungen in einer Aussage mitschwingen. Wie oft ist es dir schon passiert, dass du viel mehr in eine Aussage hinein interpretiert hast, als eigentlich gemeint war? Oder ganz im Gegenteil, dass du Botschaften ganz neutral aufgenommen hast, obwohl eigentlich einiges dahinter steckte?

4 Tipps für gelingende Kommunikation

Du möchtest mehr über Kommunikation erfahren? Falls dieser Science Snack  deinen Wissens-Heißhunger noch nicht gestillt hat, probier’ doch einmal unseren neuen Kurs zum Thema “Achtsam Kommunizieren” in der 7Mind App aus! Dort erlernst du den Umgang mit (inneren) Konflikten, schwierigen Gefühlen und Gewalt in der Kommunikation und bekommst am Ende jeder Einheit einen Impuls zum Reflektieren und Ausprobieren.

Bevor du aber dein Handy zückst, habe ich hier noch einige Tipps für dich:

1. Lerne dich selbst kennen

Gibt es bestimmte Themen, die dich schnell zur Weißglut bringen? Oder hast du oft das Gefühl, an anderen vorbei zu reden? Und wie kommunizierst du selbst eigentlich? Vielleicht verstecken sich manchmal indirekte Appelle oder passive Kritik in deinen Aussagen? Um eine gute Balance aus Ehrlichkeit und Wohlwollen in unseren Aussagen zu finden, können die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation helfen. Wie das genau funktioniert, erfährst du im Kurs.

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2. Schaffe den richtigen Kontext für wichtige Gespräche

Ob spontan nach einem Meeting, in einem unangekündigten Anruf oder beim schnellen Haus verlassen - Missverständnisse passieren oft zwischen Tür und Angel. Dann sind wir nämlich eh schon im Stress oder mit dem Kopf ganz woanders. Das führt schnell zu impulsiven Reaktionen und gehetzten Lösungsansätzen - wenn es überhaupt dazu kommt. Fall also nicht mit der Tür ins Haus, sondern frag nach, wann der richtige Zeitpunkt für ein ruhiges Gespräch ist.

3. Frag nach!

Mache dir immer wieder bewusst, dass deine Wahrnehmung auf deinen eigenen Erfahrungen basiert (und die anderer demnach auf deren). Wenn du dir nicht sicher bist, ob du etwas "mit dem richtigen Ohr" gehört hast, teile deine Annahme, erkläre deine Perspektive und frag nach der deines Gegenübers.

4. Übernimm Verantwortung

Genauso wenig, wie du die Gefühle und Bedürfnisse anderer erraten kannst, wissen auch andere nicht, was in dir vorgeht. Wenn es dir mal nicht gut geht, teile es einer vertrauten Person mit, statt darauf zu warten, dass sie es dir ansieht. Die Devise lautet: Andere sind weder dafür verantwortlich zu spüren, wie es dir gerade geht, noch wissen sie, was du brauchst. Das ist deine Aufgabe.
Achtsamkeit kann dir dabei helfen, deine Gedanken und Gefühle bewusster wahrzunehmen. Und darüber hinaus hilft sie dir auch in Gesprächen, einen Raum zwischen Impuls und Reaktion zu schaffen und so bedachter zu kommunizieren.

Zum Schluss möchte ich noch eine Perspektive mit dir teilen: Was, wenn Missverständnisse gar nicht so schlecht sind? Einerseits können wir sehr Wertvolles aus ihnen lernen: Über unsere eigene Denkweise und über unsere Kommunikation. Und zweitens lernen wir durch Missverständnisse auch die Perspektive anderer kennen. Also lass uns neugierig und offen sein, sie auch zu verstehen. Das kann uns helfen, den kleinen Missverständnissen mit mehr Leichtigkeit zu begegnen.

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