Achtsamkeit im Straßenverkehr

Mensch am Steuer, Ungeheuer - Im Straßenverkehr kann es ordentlich zur Sache gehen. Wir zeigen dir, wie du roten Ampeln, Stau und Rasern achtsam begegnest und ein gelassenes Fahrer-Mindset etablierst!

Von Sarah Schömbs

Hinter dem Steuer ist ein magischer Ort. Hier wird die pflichtbewusste Mutter plötzlich zur Rennfahrerin und der schüchterne Nachbarsjunge zum wütenden Drängler. Das alles geschieht in Sekunden, denn im Wilden Westen des Straßenverkehrs gelten andere Regeln. Hupen, überholen, ausbremsen - der Verkehr scheint einfach andere Charakterzüge in uns zum Vorschein zu bringen.

Achtsamkeit im Straßenverkehr ist kein leichtes Thema. Deutschland ist Autostandort und viele Menschen scheinen tatsächlich eine sehr enge, fast schon emotionale Bindung zu ihrem Gefährt zu haben. Auch das Ego fährt immer mit. Wer hat sich nicht schon einmal persönlich angegriffen gefühlt, weil die Ampel ganz plötzlich auf Rot umgeschlagen ist.

Achtsamkeit im Straßenverkehr ist ein ernst zu nehmendes Thema. Das zeigt vor allem auch die hohe Anzahl an Verkehrsunfällen in unserem Land. So wurden 2018 allein in Deutschland rund 2,6 Millionen Unfälle registriert. Bei etwa 308.000 Unfällen handelte es sich um Personenschaden.

Autofahren ist also eine große Quelle für alltäglichen Stress. Wer dazu noch unkonzentriert, genervt oder emotional in sein Auto steigt, gefährdet nicht nur sich selbst. Wir möchten dir in diesem Artikel zeigen, wie du in Zukunft trotz roter Ampel, Stau und Co. entspannt und achtsam bleiben kannst.

Der Mythos Multitasking

Der Mythos des Multitaskings ist heutzutage immer noch weit verbreitet. Doch die Psychologie zeigt uns, dass Multitasking nicht existiert - oder zumindest nur in sehr eingeschränkter Form. Die Verarbeitung von äußeren Reizen geschieht zwar zunächst gleichzeitig - das heißt, dass Sehen und Hören parallel verarbeitet werden - wird dann jedoch vom Gehirn begrenzt. Ab einem gewissen Punkt, können wir viele Informationen nur noch seriell, also nacheinander und nicht mehr gleichzeitig, verarbeiten. Dieses Phänomen wird in der Psychologie “Bottleneck” genannt. Man kann sich die Informationsverarbeitung also wie einen Flaschenhals vorstellen durch den die Reize, ab einem gewissen Punkt, nur noch nacheinander fließen können.

Auch unsere Aufmerksamkeit spielt eine große Rolle bei der Verarbeitung von äußeren Reizen. Bei der geteilten Aufmerksamkeit, also zum Beispiel der gleichzeitigen Verarbeitung von visuellen Reizen (Straßenszene) und auditiven Reizen (Radio hören) kommt es im menschlichen Gehirn zu Kapazitätsbeschränkungen. Das heißt, dass wir nur begrenzt Informationen aufnehmen und verarbeiten können. Du hast zwar die Wahl, wem und was du deine Aufmerksamkeit schenkst, eine 50/50 Variante ist jedoch unmöglich. Am wenigsten wird dir Multitasking gelingen, wenn die zwei Informationsquellen ähnliche Ressourcen benötigen. Also beispielsweise Auto fahren und Smartphone bedienen. In beiden Fällen handelt es sich um manuelle Fähigkeiten. Hier kommt es laut neuester Forschung definitiv zu Leistungseinbußen, aka unachtsames und risikoreiches Fahren.

Konzentriere dich beim Autofahren also nur auf die Aktivität, die zählt: Das Fahren. Radio hören, Verkehrsschilder beachten, mit Beifahrern reden, die anderen Verkehrsteilnehmer im Blick haben, die Ausfahrt nicht verpassen, über die Freisprechanlage telefonieren - lass all diese Dinge während deiner Fahrt einfach sein und du wirst sehen, dass du plötzlich viel weniger Stress hast. Je mehr Reize, desto mehr Ressourcen werden verbraucht, desto mehr Stress für dich, deinen Geist und deinen Körper. Und natürlich gilt: Während der Fahrt gar keine anderen Geräte bedienen!

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Die Autofahrt: Eine Reise durch das Hier und Jetzt

So romantisch es auch klingen mag - Tatsache ist, dass du dich jedes Mal, wenn du in dein Auto steigst, auf eine kleine Reise begibst. Auch wenn es nur die Fahrt zum nächstgelegenen Supermarkt oder zur Kita nebenan ist, du bewegst dich von einem Ort zum anderen. Und wie bei jeder noch so kleinen Reise, ist der Weg bekanntlich das Ziel. Versuche deshalb, die Autofahrt als Achtsamkeitsübung für das Hier und Jetzt zu begreifen. Versuche, mit deinem Bewusstsein in diesem Moment zu bleiben und nicht an das Ziel zu denken. Denn sobald du deine Aufmerksamkeit auf das Ziel lenkst, kann Unzufriedenheit, Hektik und Frust entstehen. Schließlich liegt das Ziel in der Zukunft und jede Sekunde, die du an einem Stoppzeichen verbringst, katapultiert das Ziel in eine noch entferntere Zukunft.

Diese Gedankenspirale kann Unruhe und Nervosität verursachen. Löse dich also von der Zukunft. Das “Hier und Jetzt” passiert in diesem Moment, an dieser Kreuzung, in diesem Stau, auf dieser Landstraße. Sei dir das in jedem Moment der Fortbewegung bewusst. Richte deine gesamte Aufmerksamkeit auf den Prozess des Fahrens. Du wirst sehen, wie durch das Wahrnehmen des jetzigen Moments ein Gefühl der Entspanntheit und Gelassenheit entsteht. Der Weg ist das Ziel. Und der Weg ist jetzt.

Mini-Übung: In der 7Mind App findest du unter den 7Minis in der Kategorie Singles die Meditationsübung “Reset.” Die 2-minütige Meditation kann dir dabei helfen, dich auf das Autofahren einzustellen und deine Emotionen während der Fahrt hinter dir zu lassen. Die Übung unterstützt dich darin, Ruhe ins Gedankenchaos zu bringen und mit einem klaren Kopf loszufahren.

Empathie im Straßenverkehr

Der Straßenverkehr ist DER ideale Ort, um dich in Empathie und Mitgefühl zu üben. Ja richtig gehört, Mitgefühl. Häufig verfluchen wir die langsam fahrende Oma vor uns, den Fahrschüler drei Autos weiter oder den jungen Mann auf dem Fahrrad, der uns gerade geschnitten hat. Das Problem dabei: Kaum jemand möchte dir etwas Böses. Mit fast 100 prozentiger Sicherheit ist die Intention der Oma, des Fahrschülers oder des Fahrradkuriers NICHT, dich zu ärgern und dir heute ein bisschen Salz in die Suppe zu streuen.

Werde dir auch vor deinem Lenkrad immer wieder bewusst, dass du die Geschichten, den Tagesverlauf und die Verfassung der Menschen um dich herum nicht kennst. Auch sie können einen hektischen oder schlechten Tag haben. Auch sie haben dich vielleicht gerade übersehen. So etwas kann vorkommen und muss nicht mit wilden Gestikulationen bestraft werden. Anstatt also das nächste Mal den langsamen Fahrer vor dir zu verfluchen, begegne ihm mit Mitgefühl. Statt das nächste Mal ungeduldig und genervt vor dem Zebrastreifen mit den Fingern aufs Lenkrad zu trommeln, begegne der Dame mit Einkaufstüten mit einem liebevollen Lächeln.

So etwas sendet nicht nur ein nettes Signal, es kann auch dir den Tag versüßen. Jede liebevolle Botschaft, jeder nette Gedanke, jedes Fünkchen Mitgefühl macht die Welt zu einem achtsamen Ort. Es ist vor allem der Umgang, den wir mit fremden Personen pflegen, der ausmacht, wer wir wirklich sind.

Achtsamkeit im Straßenverkehr klingt nicht sexy. Nichtsdestotrotz ist der Straßenverkehr eine der vielen Möglichkeiten, Achtsamkeit tagtäglich zu praktizieren und zu verinnerlichen. Hier geht es vor allem darum, das Ego herunterzuschrauben. Meist ist weder dir noch der Person in dem Auto vor dir geholfen, wenn auf eine unangenehme Situation mit Wut oder Ärger reagiert wird. Mach das Fahren also jeden Tag zu einer kleinen Achtsamkeitsübung, vielleicht inspiriert dein Fahrverhalten auch andere Menschen, Gleiches zu tun.

Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:


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