Schluss mit der Gerüchteküche und Lästereien am Arbeitsplatz

Laut Evolutionspsychologen gehört Tratsch bereits seit Urzeiten zur menschlichen Kommunikation. Am Arbeitsplatz können sich Gerüchte jedoch schnell verselbstständigen und Betroffene stark belasten.

Stopp mit Lästereien am Arbeitsplatz

Wer trennt sich gerade von seinem Partner? Wer hat bei der letzten Weihnachtsfeier über die Stränge geschlagen, eine Gehaltserhöhung bekommen oder mit dem Chef geflirtet? Klatsch und Tratsch findet man überall dort, wo Menschen in einer Gruppe zusammenkommen. Das Büro bietet einen besonders fruchtbaren Nährboden für Sensationsgeschichten und Halbwahrheiten, schließlich verbringt man dort auf engem Raum viel Zeit mit anderen Kollegen. Gerüchte können jedoch zu einer angespannten Grundstimmung, Spaltungen innerhalb eines Teams und großen psychischen Belastungen führen. Wir sprechen darüber, warum Tratsch so schädlich ist und wie du dich bei negativem Flurfunk verhalten kannst.

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Ist Lästerei immer schlecht?

Lästereien sind sozialer Schmierstoff und das nicht erst seitdem die Büroarbeit existiert. Der britische Evolutionsbiologe Robin Dunbar von der Universität Oxford ist sogar der Meinung, dass unser Hang zum Tratschen von der Fellpflege der Affen abstammt. Bei dem sogenannten “Grooming” handelt es sich einerseits um Hygiene, andererseits ist es eine der wichtigsten Sozialpraktiken, die unter vielen Primaten weit verbreitet ist. Während des Groomings werden Freundschaften geknüpft, Allianzen gebildet und vor allem Informationen ausgetauscht. Ähnlich verhält es sich, wenn sich zwei Menschen auf einem Flur treffen und über Dritte austauschen, die nicht anwesend sind.

Robin I. M. Dunbar ist Professor für Psychologie an der Universität Liverpool und verfolgt die Theorie, dass menschliche Sprache eine Art “akustisches Kraulen” ist. Dunbars Forschung ergab, dass sich mehr als ein Drittel der Gesprächszeit zwischen zwei Menschen um Personen dreht, die sich nicht am selben Ort befinden.

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Fazit: Tratsch ist nichts Unnatürliches und kommt in fast allen Gruppen vor. Menschen nutzen diese Form des Austausches, um Wissenslücken zu füllen, Vertrauen aufzubauen und neue Mitglieder in die Gruppe zu integrieren, indem sie Fremde in ihre Geheimnisse “einweihen”. Was harmlos klingt, kann besonders am Arbeitsplatz zu einem großen Problem werden, denn auch wenn Lästern für den Moment das Gemeinschaftsgefühl stärkt, geschieht dieser Prozess auf Kosten Dritter. Wer Geschichten über andere verbreitet, schädigt nicht nur den Ruf der betroffenen Personen, sondern auch die Stimmung innerhalb des ganzen Teams.

Wann sind Gerüchte schädlich?

Frank McAndrew ist Professor für Psychologie am Knox College in Illinois und hat untersucht, welchen Einfluss Tratschen auf Beziehungen haben kann. Interessanterweise zeigt seine Forschung, dass Menschen beim Tratschen Geschichten bevorzugen, in denen Personen, die sie für mächtiger als sich selbst halten, denunziert werden. McAndrews Ergebnisse deuten bereits an, dass es beim Tratschen um weit mehr als bloßen Informationsaustausch geht. Wer tratscht, macht sich wichtig und glaubt, die eigene Stellung sichern zu können. Ganz falsch ist das nicht, denn aus evolutionsbiologischer Sicht ist es wichtig, den Informationsfluss in einer Gruppe aufrecht zu erhalten. Im Job hat es allerdings den gegenteiligen Effekt. Christiane Stempel ist Arbeitspsychologin und sagt “Wabern am Arbeitsplatz ständig Gerüchte, schadet das der Produktivität im Team”.

Auch wenn Geschwätzigkeit scheinbar in unseren Genen angelegt ist, rechtfertigt es nicht das Lästern über Kollegen. Nicht selten sind Lästereien durch starke Emotionen wie Neid, Konkurrenzdruck, Unsicherheit oder auch Angst um Status- und Machtverlust motiviert. Wer lästert, schadet allerdings nicht nur der betroffenen Person, sondern vor allem sich selbst. “Wenn ich immer jemanden abwerten muss, damit ich größer bin, merken die anderen das sehr wohl”, so die klinische Psychologin Karoline Verena Greimel. Wichtig ist also, nicht in der Gerüchteküche mitzukochen, sondern sich bewusst davon zu distanzieren, bzw. Gerüchte zu hinterfragen. Wenn du mitbekommst, dass über einen Kollegen oder eine Kollegin schlecht geredet wird, kannst du:

  • Die tratschende Person freundlich aber bestimmt darauf aufmerksam machen, dass dir ihre Geschichte ein ungutes Gefühl gibt

  • Nachfragen, woher sie die Informationen bezieht

  • Darum bitten, dass sie sich direkt an die betroffene Person wendet, um die Geschichte zu klären

  • Deine Grenze setzen und deutlich machen, dass ihr über viele Themen reden könnt, du aber kein Interesse an Spekulationen und Sensationen hast

  • Versuchen, Mitgefühl für die Person zu entwickeln und sie zu fragen, wie es ihr geht und ob sie vielleicht ein persönliches Problem mit der/dem betroffenen Kollegin/Kollegen hat oder unzufrieden am Arbeitsplatz ist

Was tun, wenn über mich geredet wird?

Zunächst wollen wir hier noch einmal zwischen Lästern, übler Nachrede und Mobbing unterscheiden. Üble Nachrede ist in Deutschland tatsächlich strafbar und durch § 186 im Strafgesetzbuch (StGB) definiert. Wenn jemand also, aufgrund von falschen Annahmen, gegenüber deines Chefs behauptet, dass du schlecht arbeiten würdest und dir so die Chance auf eine Beförderung nimmt, macht sich diese Person tatsächlich strafbar. Dauerhafte, systematische Schikane, die auf emotionale Gewalt abzielt und sich durch feindliche Handlungen äußert, wird als Mobbing bezeichnet und geht auf eine Definition von Heinz Leymann zurück. Leymann definierte 45 verschiedene Arten des Mobbings, die du hier nachlesen kannst.

Handelt es sich um Gerüchte oder Tratschgeschichten, die über deine Person im Umlauf sind, kannst du folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Sitze den Tratsch nicht aus, bis der nächste dran ist! Werde aktiv, noch bevor Gefühle der Hilflosigkeit oder Verzweiflung in dir aufkommen

  • Wenn du vermutest, dass jemand schlecht über dich redet, dann suche das direkte Gespräch mit der Person und sprich offen über deinen Verdacht

  • Offenbare deine Gefühle. Auch wenn es schwer fällt, sich in solchen Momenten verletzlich zu zeigen, ist es wichtig, dass zum Ausdruck kommt, wie schädlich der Tratsch sein kann

  • Wende dich an eine Vertrauensperson in deinem Team und frage sie, ob sie dir im Gespräch beistehen kann

Wenn es in dir brodelt, dann vergiss trotzdem nicht, dass Rache keinesfalls süß ist. Deine Verletzung ist berechtigt, doch in einer Schlammschlacht kann es nur Verlierer geben. Nutze die Macht der Kommunikation und setze dich ein, für eine offene Gesprächskultur und den Zusammenhalt im Team!

Das Arbeitsumfeld ist ideal, um Sozialkompetenzen zu stärken und achtsame Konfliktlösung zu lernen. Auch wenn es Anfangs ein bisschen Mut und vor allem eine erhöhte Achtsamkeit im Gespräch erfordert, könnt ihr so gemeinsam wachsen, langfristig die Stimmung verbessern und den Teamgeist stärken.

Den Artikel zum Hören im 7Mind Podcast:


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