Hobby: Meckern. Was tun, wenn andere immer negativ sind?

Für manche Menschen ist Meckern fast schon ein Hobby. Sie schaffen es, überall etwas Negatives zu entdecken. Doch sollte man sich von ihnen abgrenzen oder kann man tatsächlich etwas von ihnen lernen?

Der Sommer zu heiß, der Winter zu kalt, das Essen lauwarm und die Musik zu laut - es gibt viele Gründe, sich zu beschweren. Für manche ist es der Arbeitsplatz, für andere die Laune des Partners oder schreiende Kinder vor der eigenen Haustür. Ja, manchmal scheint die Welt ein unheimlich nervtötender Ort zu sein, an dem man einfach nirgendwo seine Ruhe haben kann. Was vielen Menschen in solch einem Fall zu helfen scheint, ist eine ausgiebige Tirade über das eigene Leid.

Jammern liegt tatsächlich in der Natur des Menschen, wie der Hamburger Diplom-Psychologe Michael Thiel gemeinsam mit seiner Kollegin Annika Lohstroh in dem Buch "Deutschland, einig Jammerland" zusammengefasst hat. Im Grunde sei Jammern nur eine Form, den eigenen Unmut auszudrücken. Deutsche werden immer wieder mit dem Vorurteil konfrontiert, dass sie besonders große Nörgler seien. Ob das stimmt oder nicht, wird man nur in der Tiefe des eigenen, meckernden Herzens ergründen können.

Trotzdem kann es einen ganz schön belasten, wenn man häufig von Dauernörgler:innen umgeben ist. Sei es bei der Familienfeier, bei dem Geburtstag von Freund:innen oder am Arbeitsplatz - Menschen, die sich den lieben langen Tag lang beschweren, können die Stimmung ganz schön drücken. Vielleicht kennst du eine:n besonders hartnäckige:n Nörgler:in aus deinem Umfeld und möchtest am liebsten die Augen verdrehen und weglaufen, sobald er oder sie sich nähert.

Es bleibt die Frage, wie man mit den eigenen Gefühlen umgeht, die sich als Reaktion auf die Beschwerden anderer zeigen. Dabei muss man nicht zwingend getrennte Wege gehen, nur weil man sich dagegen entscheidet, mit zu jammern. Fünf Tipps, wie du dich abgrenzen kannst, ohne dich abzutrennen.

Liebevolle Aufmerksamkeit

Jemand, der sich ständig beschwert, sich reibt, der gegen etwas ist und dabei noch die eine oder andere Emotion hochkochen lässt, möchte nicht nur meckern sondern auch auf sich aufmerksam machen. Dann geht es für die Person weniger um das, was gesagt wird, als den Moment, in dem sie deine volle Aufmerksamkeit hat. Vielleicht hat dein Gegenüber das Gefühl, nicht gehört zu werden, wenn er oder sie keine Beschwerden ablässt. Ob es wirklich um die Geschichte als solche geht oder um den Versuch, eine Unterhaltung anzukurbeln, kannst du durch achtsames Zuhören herausfinden.

Achtsames Zuhören bedeutet nichts anderes, als deinem Gegenüber deine volle, ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn deine Gedanken abschweifen oder dein Blick eher in die Ferne oder auf das Smartphone wandert, dann hole dich liebevoll wieder in den Moment zurück. Worüber spricht die andere Person? Wie ist ihre Körpersprache? Wie hoch ist der Leidensdruck wirklich? Achtsam und präsent zu sein, ermöglicht es dir, zwischen den Zeilen zu lesen. Vertraue auf dein Gefühl, deine Wahrnehmung und versuche herauszuhören, was wirklich los ist.

Wenn du merkst, dass sich die Person in Rage redet oder von einer Beschwerde zur nächsten springt, dann hilft dir vielleicht Tipp 2.

Wie kann ich lernen besser zuzuhören?

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Freundliche Hinweise geben

Jemand, der sich oft beschwert, merkt unter Umständen gar nicht, dass er oder sie es tut. Vielleicht meckerst du selber ganz gerne über das Wetter, den Kaffee im Büro oder andere Dinge deines Alltags. Die Beschwerde ist dann zu einer Art Automatismus oder auch Bewältigungsstrategie geworden. Du nutzt sie, um Druck abzulassen und ja, manchmal ist es herrlich, einfach vor sich hin zu brummeln.

Wenn du allerdings merkst, dass dich das ständige Nörgeln belastet, kannst du versuchen, deine Gedanken anzuhalten. Sag dir innerlich “Stop”. Schaue dich um, lenke deinen Fokus auf etwas anderes und unterbrich deinen inneren Monolog. Genauso kannst du es bei einer anderen Person tun. Weise sieihn freundlich darauf hin, was sieer tut. Unterbrich das Meckern, indem du eine andere Perspektive einnimmst. Du kannst auch Ideen oder Denkanstöße mit in die Konversation bringen, welche die positiven Seiten einer Situation beleuchten. Das muss gar keinen Streit auslösen. Denk daran, wie hilfreich ein innerer Stop sein kann. Wenn man sich selbst nicht entlarven kann, ist es unglaublich wertvoll, von Außen einen kleinen Wachmacher zu bekommen.

In den Spiegel schauen

Auf Social Media kann man seit einiger Zeit einen Trend beobachten, der in etwa so lautet: Befreie dich von negativen Menschen und von allem, was dir nicht gut tut. Wer sich in einer toxischen oder destruktiven Beziehung befindet, sollte daran natürlich etwas ändern. Sich zu sagen, dass einem negative Menschen nicht guttun und sich nur noch mit Leuten zu umgeben, die positiv gestimmt sind, ist allerdings ein Weg, den man als menschliche “Filterblase” bezeichnen könnte. Nur weil man sich nicht mehr mit negativen Dingen konfrontiert, bedeutet es nicht, dass diese nicht existieren. Vielleicht werden sie dir vermehrt in anderer Form begegnen oder du hörst dich plötzlich sagen “Warum ziehe ich immer die gleiche Art Mensch an?”

Ein anderer Weg wäre, dich in deinem Gegenüber zu spiegeln. Was kannst du im Kontakt mit jemandem, der ständig jammert, über dich selbst erfahren? Statt in den Widerstand zu gehen, kannst du dich fragen, an welcher Stelle du in deinem eigenen Leben zu kritisch oder beurteilend bist. Betrachte die Person, die vor dir steht und sich beschwert, wie einen Spiegel, der dir etwas wichtiges sagen möchte.

Vielleicht erkennst du, dass du dich durch die andere Person darauf aufmerksam machst, wie stark du in letzter Zeit deinen Fokus auf Dinge gelegt hast, die nicht funktionieren. Hast du selbst an manchen Stellen den Blick für das Gute verloren? Wenn du mit diesem Tipp etwas anfangen kannst, dann wird die andere Person zu einem wahren Geschenk.

Beschwerden haben noch ein weiteres Potenzial, denn sie machen dich auf Dinge aufmerksam, die verbessert werden könnten. Mehr dazu in unserem 4. Tipp!

Veränderungsmöglichkeiten erkennen

Oscar Wilde hat gesagt: „Unzufriedenheit ist der erste Schritt zum Erfolg.“ Was genau hat er damit gemeint? Nun, Unzufriedenheit ist eine Möglichkeit, Missstände zu erkennen. Wer sich beschwert, ist unzufrieden. Aus dieser Situation oder Gefühlslage können in einem nächsten Schritt Lösungsansätze entwickelt werden, um ein bestimmtes Problem zu bewältigen.

Wenn eine Person wiederholt über einen bestimmten Zustand jammert, kannst du deine Hilfe anbieten. Du kennst bestimmt das Gefühl, so in deinem Kopf gefangen zu sein, dass du den Wald vor lauter Bäumen nicht siehst. Natürlich gibt es nicht für alles sofort eine Lösung. Veränderungsmöglichkeiten zu erkennen ist zumindest die Chance, dass sich etwas verändern kann - auch wenn das “wie” noch nicht klar ist. Das kann schon viel Kraft freisetzen.

Manchen Menschen kann es helfen, auf Veränderungsmöglichkeiten hingewiesen zu werden, andere werden es abwehren. Bleib bei dir, schau wie weit du dich engagieren möchtest und tritt wenn nötig einen Schritt zurück. Wenn du spürst, dass schon alles getan ist und dir die Beschwerden zu viel werden, dann darfst du dich abgrenzen!

Abgrenzen, wenn nötig

Die Psychologin Annika Lohstroh sagt, dass Menschen, die jammern, nicht unbedingt die Opfer sind. “Hier werden oft andere für die eigene Unzufriedenheit verantwortlich gemacht. Ein jammernder Partner gibt die Verantwortung für eine gesunde Partnerschaft ab. Er sagt mir: „Mach du mich glücklich!“

Auch wenn es hart klingt - wenn andere ständig Dampf bei dir ablassen und dich als “Mülleimer” benutzen, um ihre Probleme und Beschwerden abzuladen, dann grenze dich ab. Es kann sein, dass du jemandem helfen oder zuhören möchtest. Es kann aber auch sein, dass ein Ungleichgewicht herrscht, du vielleicht selbst gar nicht zu Wort kommst oder sich alle Gespräche nur um das Leid der anderen Person drehen. Zieh in diesem Fall deine Grenze.

Auch wenn es sich um enge Angehörige oder sogar den Partner handelt - im Endeffekt ist jeder für sich selbst verantwortlich. Du kannst Hinweise geben, deine Hilfe anbieten oder Perspektiven eröffnen. Du darfst dich aber auch abgrenzen und aussprechen, dass du von dem ständigen Gemecker einer anderen Person genervt bist. Gutmütig zu sein, ist eine Tugend, sollte aber nicht zum Anspruch werden.

Ein letzter Tipp: Wenn dir eine meckernde Person am Herzen liegt, kann eine Umarmung Wunder bewirken! Schon Kinder jammern, wenn sie Aufmerksamkeit von ihren Eltern wünschen. Und ja, manchmal tut es unendlich gut, in den Arm genommen zu werden und sich über die Welt auszulassen. Entscheide am besten in jeder Situation immer wieder neu, wie du mit dem Jammern eines anderen umgehen möchtest. Egal, ob du deine Hilfe anbietest oder feststellst, dass deine Geduld am Ende ist - es ist okay. Hör auf dein Bauchgefühl, es wird dir sagen, wann es an der Zeit ist, zu gehen und wann du Unterstützung anbieten möchtest.

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