Trauer verarbeiten: Was wir aus Tiefphasen lernen können
Trauer verarbeiten kann ganz schön schwierig sein. Erfahre, wie ein konstruktiver Umgang mit Trauer gelingen kann, warum wir Trauer nicht einfach überwinden müssen und was passiert, wenn wir unsere Emotionen vermeiden.
Lerne, wie Meditation und mentale Übungen dich in der Trauer unterstützen können: Starte jetzt mit der 7Mind App!
Jetzt 7Mind testenvon Milena Nentwig
überprüft von Eva Siem (Psychologin)
veröffentlicht am 28.05.2025
Es gibt diese Momente, in denen alles leicht ist: Das Leben fühlt sich aufregend und unbeschwert an – und wir uns lebendig. Wir fühlen intensiv, sind ganz im Moment. Doch oft merken wir erst in tiefer Trauer, wie tief unsere Emotionen wirklich reichen. Trauer ist keine Ausnahme – sie ist Teil des Lebens.
Und obwohl sie weh tut, kann sie auch etwas in uns öffnen: Verständnis, Verbundenheit, Wandel. Was, wenn wir durch das Durchleben der Trauer nicht nur die Fähigkeit finden, loszulassen, sondern auch, uns selbst neu zu entdecken?
Dieser Artikel lädt dich zu einem Perspektivwechsel ein. Erfahre, …
Warum Trauer schnell mit Schwäche gleichgesetzt wird
Weshalb es uns oft so schwer fällt, Trauer zuzulassen
Welche Folgen Emotionsvermeidung für uns haben kann
Welche Funktionen Trauer hat
Wie du Trauer verarbeiten kannst
In der 7Mind App findest du Übungen, die dich in deiner Trauer unterstützen. Hier kannst du mehr erfahren:
Hier entlangWieso fühlt sich Trauer wie eine Schwäche an?
Mal ehrlich: Hast du dich schon einmal klein gefühlt, weil du in einer Situation Gefühle gezeigt hast? Dich vielleicht sogar dafür geschämt?
Das wäre keine Überraschung, denn unterbewusst fühlen sich viele von gesellschaftlichen Erwartungen ganz schön unter Druck gesetzt:
In manchen Kulturen, Kreisen oder familiären Kontexten wird Trauer eher gemieden oder zumindest nicht offen ausgedrückt – „stark bleiben” heißt dann oft, Emotionen in schwierigen Zeiten unter Kontrolle zu halten.
Dieses Ideal der Selbstbeherrschung wird oft von einem Leistungsdruck begleitet: in jeder Situation funktional bleiben, bloß nicht versagen oder als unproduktiv gelten!
Und als ob das nicht schon genug wäre, kommen dann noch traditionelle Geschlechterrollen dazu: Insbesondere Männer können sich häufig dazu gedrängt fühlen, „keine Gefühle zu zeigen“, da es oft als ein Zeichen von Schwäche angesehen wird.
Frauen wiederum werden schnell mal als „Heulsuse” oder „hysterisch" betitelt, wenn sie offen ihre Emotionen zeigen.
Wie können wir diese kulturellen Tabus also brechen, was können wir tun?
Gefühle zeigen, sich anderen anvertrauen, vielleicht sogar zu weinen, ist ein guter, erster Schritt.
Wenn das aber immer so einfach wäre…
Unsere Psycholog:innen haben Übungen entwickelt, die dich speziell bei der Verarbeitung von Trauer unterstützen. Hör doch mal rein:
Jetzt 7Mind testenWarum fällt uns die Verarbeitung von Trauer so schwer?
Neben den äußeren Faktoren, wie dem gesellschaftlichen Druck, gibt es auch innere Hürden, die uns davon abhalten können, unsere Trauer zuzulassen:
Trauer kann eine sehr intensive Emotion sein und uns gerne mal überfordern, weil sie so unkontrollierbar und überwältigend scheint. Angst, Ungewissheit und Reue spielen dabei eine große Rolle: Fragen wie „Wann wird es besser?”, „Was kommt als nächstes?” oder „Hätte ich etwas anders machen können, um es zu verhindern?” schwirren uns durch den Kopf.
Dazu kommt, dass viele von uns glauben, Trauer müsse „überwunden“ werden.
Doch ganz so einfach ist es nicht. Trauerprozesse sind selten linear: Sie sind komplex und erfordern oft einen langen, unvorhersehbaren Weg der Verarbeitung – ohne ein festes „Ende“.
Häufig wissen wir schlichtweg nicht, wie wir mit der Situation umgehen sollen. Leider verleitet diese Hilflosigkeit und Unsicherheit im Umgang mit Trauer dazu, dass wir sie verdrängen oder gar vermeiden. Und das kann unserem Heilungsprozess (langfristig) im Weg stehen.
Nur woran erkennen wir, dass wir Gefühle nicht zulassen, sondern sie (bewusst oder unbewusst) vermeiden? Und was kann das für Auswirkungen haben?
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Hier klickenGefühle verdrängen – Die positive Seite
Zunächst einmal: Es ist völlig normal, auch mal auf die Pause-Taste zu drücken und Abstand von unseren Gefühlen zu nehmen. Manchmal ist das sogar hilfreich, wenn im richtigem Maße angewandt.
Es gibt sogenannte Phasen des emotionalen Pendelns.
Das bedeutet: Trauernde entfernen sich für eine Weile von ihren schmerzhaften Gefühlen und kehren später wieder zu ihnen zurück.
Für viele ist es eine Erleichterung, zwischendurch „abzuschalten“ – durch Ablenkung wie Arbeit, Hobbies oder Zeit mit den Liebsten – und erst später die Trauer wieder zuzulassen und zu verarbeiten.
Schwierig wird es dann, wenn uns solche Ausweichstrategien langfristig davon abhalten, uns mit uns selbst und unserer Gefühlslage auseinanderzusetzen.
ℹ️ Good to know:
In der Psychologie unterscheidet man zwischen verschiedenen Abwehrmechanismen.
Für die größte Verwirrung führen vermutlich diese zwei Begriffe, deshalb hier einmal eine kurze Aufklärung:
- Repression: unterbewusster Prozess der Verdrängung
- Unterdrückung: findet bewusst statt
Trauer ist nicht immer als solche erkennbar
Hinzu kommt: Trauer zeigt sich nicht immer klar und deutlich. Manchmal verstecken sich unsere eigentlichen Gefühle hinter sogenannten Sekundäremotionen.
💡 Wusstest du das?
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Primäremotionen sind grundlegende emotionale Reaktionen auf ein Ereignis.
Sie treten automatisch, unbewusst und unmittelbar auf (oft innerhalb weniger Sekunden). Dabei spiegeln sie Überlebensmechanismen und menschliche Bedürfnisse wider. Außerdem sind sie universell, also unabhängig von Kultur oder Vorerfahrungen.
z.B. Angst, Freude, Wut, Trauer, Überraschung, Ekel
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Sekundäremotionen sind Reaktionen auf bzw. Interpretationen von Primäremotionen.
Sie sind also komplexer und zeitaufwendiger, da sie erst durch Reflexion und tiefere kognitive Verarbeitung entstehen. Außerdem sind sie kulturell beeinflusst und stellen oft eine Mischung aus mehreren Primäremotionen dar.
z.B. Scham, Stolz, Ekel, Eifersucht, Schuldgefühle, Verlegenheit
Die Fähigkeit, Primär- und Sekundäremotionen zu erkennen und zu unterscheiden, kann eine Hilfe dabei sein, Trauer als solche erst einmal wahrzunehmen.
Und erst wenn wir wahrnehmen, was wir gerade fühlen, können wir anfangen, unsere Emotionen besser zu verstehen und emotionale Prozesse zu regulieren.
Vermeiden wir sie allerdings konsequent, finden sie meist ein anderes Ventil:
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Hier entlang zur 7Mind AppGefühle verdrängen – Mögliche Schwierigkeiten
Dauerhaft unterdrückte Trauer kann sich auf andere Weise psychisch und körperlich bemerkbar machen. Hier ein paar Beispiele:
Chronische emotionale Belastung
Während wir die Trauer meinen zu unterdrücken, ist unser Gehirn jedoch weiterhin aktiv damit beschäftigt.
Das kann sich bspw. kennzeichnen durch:
anhaltende innere Anspannung, Nervosität oder Reizbarkeit
Schlafstörungen
Gefühle wie Angst, Frustration oder Reizbarkeit
Konzentrationsprobleme
Es kann auch zu psychosomatischen Symptomen führen, womit wir beim nächsten Punkt wären…
Körperliche Symptome
Wahrscheinlich überrascht es dich nicht, wenn ich dir sage, dass Psyche und Körper eng miteinander verbunden sind.
Dementsprechend hat auch Trauer nicht nur eine psychische Dimension, sondern beeinflusst auch den Körper. Unterdrückte Emotionen können sich also auf körperlicher Ebene zeigen.
Zu den häufigsten Reaktionen gehören:
Schlafstörungen: z.B. nächtliche Grübeleien und die Unfähigkeit, den Geist zur Ruhe zu bringen
Psychosomatische Beschwerden: z.B. Kopf- und Rückenschmerzen, Muskelverspannungen
Magen-Darm-Probleme: z.B. Verdauung, Übelkeit und Appetitschwankungen
Die Forschung zeigt außerdem [1]: Dauerstress beeinträchtigt unsere Immunabwehr und kann somit das Immunsystem schwächen. Eine Meta-Analyse [2] zeigte sogar, dass emotionale Vermeidung zu den stärksten Prädiktoren für psychische Störungen gehört.
Also, alles Dinge, die wir (anstatt unserer Gefühle) wohl eher vermeiden sollten.
Aber wie genau können wir uns so einen Trauerprozess nun vorstellen?
Wir haben eben schon erfahren, dass es genug Missverständnisse um die Dauer und Art des Trauerns gibt. Nun wollen wir die Frage klären:
Wie lange „dürfen” wir denn nun traurig sein und welche Phasen der Trauer gibt es eigentlich?
Trauer kann ganz schön überwältigend sein. Die 7Mind App ist mit den passenden Übungen auch in schwierigen Zeiten für dich da:
7Mind App entdeckenTrauer verarbeiten: Das Modell der fünf Trauerphasen
Wichtig ist erst einmal zu betonen, dass wir alle ganz individuell trauern und es kein Richtig oder Falsch gibt.
Grundsätzlich beschreiben viele trotzdem ähnliche Phasen der Trauerverarbeitung, weshalb mit der Zeit viele Konzepte dazu entwickelt wurden.
Das wohl bekannteste Konzept ist das Modell der fünf Trauerphasen von der Schweizer Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross. Darauf basierend gibt es auch weitere Modelle. Vielleicht hast du bspw. auch schon mal von 7 Phasen der Trauer gehört. Seit 1969 zählt das 5-Phasen-Modell allerdings zu den am meist verbreiteten Theorien der Trauerbewältigung, deshalb hier eine kurze Übersicht dieses Modells:
Phase 1: Verleugnung
Anfangs kann es sein, dass wir Geschehenes nicht wahrhaben wollen und es schwerfällt, die aktuelle Situation zu akzeptieren.
Diese erste Trauerphase kann durch folgende Aspekte gekennzeichnet sein:
Gedanken wie „Das kann nicht wahr sein” oder „Es muss sich um einen Fehler handeln” als Schutzmaßnahme, um die Realität zu verdrängen und sich emotional nicht überfordert zu fühlen
Fehlende Akzeptanz kann als „Puffer” dienen, um uns Zeit zu verschaffen, uns langsam auf den Schmerz vorzubereiten (dazu später mehr)
Schock oder Gefühle der Leere und Unfassbarkeit
Versuche, rationale Erklärungen zu finden
Phase 2: Wut
Wenn die Verleugnung nicht länger aufrechterhalten werden kann, können Wut oder Zorn folgen.
Sie sind oft von intensiven emotionalen Ausbrüchen begleitet, möglicherweise fühlen wir uns von anderen missverstanden.
Zorn oder Frustration gerichtet gegen sich selbst, andere Menschen oder die Situation
Fragen wie „Warum ich?” oder „Warum musste mir das passieren?“
Gefühle der Ungerechtigkeit, Ohnmacht und Hilflosigkeit
Die Trauer ist überwältigend? Finde Trost und Halt mit den passenden Meditationen in der 7Mind App:
Jetzt meditierenPhase 3: Verhandeln
Daraufhin können Versuche folgen, das Geschehene in Gedanken rückgängig zu machen oder ihm doch noch eine andere Wendung zu geben – entweder indem wir uns vorstellen, was in der Vergangenheit anders hätte laufen können, oder indem wir hoffen, in der Gegenwart oder Zukunft noch Einfluss auf die Situation zu haben.
Gedanken dieser Phase können sich auf zwei Arten äußern:
Vergangenheitsbezogen: „Wenn ich xyz anders gemacht hätte, dann wäre das vielleicht nie passiert.“
Zukunftsbezogen: „Wenn ich jetzt alles richtig mache, wird vielleicht doch noch alles gut.“, „Vielleicht gibt es noch eine Lösung, wenn ich mich genug bemühe.“
Obwohl wir im Grunde wissen, was passiert ist, kämpfen wir innerlich noch gegen die Endgültigkeit an – getrieben von dem Wunsch nach Kontrolle, Sinn oder einem Ausweg.
Phase 4: Depression
Disclaimer: Mit „Depression“ ist hier nicht die klinische Diagnose gemeint, sondern eine vorübergehende, emotionale Reaktion im Rahmen der Verarbeitung.
Nun begreifen wir die volle Schwere der Geschehnisse und erkennen, dass sie oft endgültig und unveränderlich sind.
Die vierte Phase der Trauer geht mit einer tiefen emotionalen Belastung einher, in der wir uns leer, allein und überfordert fühlen können.
Die Depression in dieser Phase kann sehr tief und langwierig sein. Hier kann Unterstützung von außen, sei es durch Freund:innen, Familie oder professionelle Hilfe, besonders hilfreich sein. Diese Trauerphase ist bspw. gekennzeichnet durch:
Tiefe und intensive Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
Häufig Symptome wie Schlaflosigkeit, Appetitverlust, Erschöpfung und sozialem Rückzug
Gefühle wie Einsamkeit, Überforderung, Kontrollverlust oder Sinnlosigkeit
Gedanken an eine bessere Zukunft fallen schwer
Phase 5: Akzeptanz
Während der letzten Phase der Trauerverarbeitung akzeptieren wir Geschehenes als Teil unserer Realität. Das bedeutet nicht, dass wir keine negativen Gefühle mehr empfinden, nur haben wir andere Wege gefunden, mit der Situation zu leben.
Wir beginnen, uns damit auseinanderzusetzen, ohne weiterhin zu leugnen was passiert ist oder dagegen anzukämpfen.
Vielleicht können wir sogar schon einen gewissen inneren Frieden finden und Geschehenes ist nicht mehr das vorherrschende Thema im Alltag.
So kann die Trauerphase der Akzeptanz aussehen:
Wir sind wieder besser in der Lage, aktiv zu werden, Beziehungen zu pflegen und neue Ziele zu entwickeln, ohne Verluste zu vergessen.
Gedanken wie: „Es wird zwar nie wieder wie vorher sein, aber ich kann trotzdem weitermachen und ein gutes Leben führen.“
Akzeptanz muss keine vollständige Überwindung bedeuten, vielmehr das Erlernen eines neuen Umgangs.
🔔 Reminder: Trauer ist ein individueller Prozess
Solche Modelle können eine wertvolle Hilfe sein, um Trauerprozesse zu verstehen. Trotzdem ist es wichtig zu wissen, dass Trauer kein linearer Prozess ist!
Es kann sein, dass…
- die einzelnen Phasen nicht in dieser Reihenfolge erlebt werden
- unterschiedliche Phasen gleichzeitig stattfinden
- der Prozess sich wiederholt
- Phasen übersprungen oder mehrmals durchlebt werden
Die Verarbeitung von Trauer ist ein sehr persönlicher Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird – z.B. der eigenen Persönlichkeit, den kulturellen Hintergründen und der sozialen Unterstützung.
So individuell jeder Mensch ist, so individuell kann auch der Trauerprozess sein!
Es ist also wichtig, sich daran zu erinnern, dass es keinen festen Zeitrahmen oder eine „richtige“ Art und Weise gibt, zu trauern.
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Jetzt 7Mind entdeckenFunktionen von Trauer: Ein positiver Blickwinkel auf schwierige Emotionen
Angenommen, du hast den Verlust akzeptiert: Du hast getrauert, geweint, viel gefühlt und dich dem Schmerz gestellt.
Und vielleicht kommt jetzt der Gedanke: „Und wofür das alles?“
Auch wenn nicht jeder Verlust erklärbar oder fair ist, hat die Trauer neben dem Schmerz vielleicht auch eine andere Seite.
So viel Negatives wir mit Trauer auch verbinden, so kann sie auch ein starker Katalysator sein.
Sie hat verschiedene Funktionen, die uns helfen, mit Verlusten und Veränderungen umzugehen und ist damit mehr, als nur eine schmerzhafte Emotion.
Hier sind nur ein paar davon:
Bindungen stärken
Der Austausch und die gegenseitige Unterstützung in schwierigen Zeiten können unsere sozialen Beziehungen nachhaltig vertiefen und stärken.
Ob die Freundin, die nach einer Trennung Tag und Nacht für dich da ist, der Kollege, der deine Schicht übernimmt, weil dein Kind krank ist oder deine Eltern, die ein offenes Ohr für dich haben, auch wenn du nicht mehr Zuhause wohnst.
Trauer fördert auch die Empathie, da der Umgang mit eigenen Verlusten unser Mitgefühl für andere verstärken kann, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
So verstehen wir nicht nur uns selbst besser, sondern können auch anderen in ihrer Trauer zur Seite stehen.
Persönliches Wachstum
Trauer ist nicht nur ein schmerzhafter Prozess, sondern kann auch persönliches Wachstum anstoßen:
Wir lernen uns selbst besser kennen und definieren womöglich unsere Identität, persönlichen Werte und Prioritäten neu.
Trauer stärkt außerdem auch unsere Resilienz – die Fähigkeit, mit zukünftigen Herausforderungen besser umzugehen und in Zukunft stärker aus schwierigen Situationen hervorzugehen.
Wertschätzung & Erinnerung
Ein weiterer, wichtiger Aspekt der Trauer ist, dass sie uns zeigt, was uns am Herzen liegt.
Wir empfinden Trauer, wenn uns jemand oder etwas wichtig ist – uns geprägt, bewegt oder bereichert hat.
So wird deutlich:
Die Tiefe unserer Gefühle ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Bedeutung.
Akzeptanz der Vergänglichkeit des Lebens
Trauer ist schlussendlich auch eine Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens. Sie konfrontiert uns mit der Realität, dass alles irgendwann endet.
Auch wenn das womöglich eine schmerzliche Einsicht ist, kann uns diese Konfrontation auch daran erinnern, das Leben bewusster zu leben, aktiv nach unseren Vorstellungen und Werten zu gestalten und mehr Dankbarkeit für die Momente und Menschen um uns zu entwickeln.
In der 7Mind App findest du Übungen, die dich in deiner Trauer unterstützen. Hier kannst du mehr erfahren:
Jetzt 7Mind testenTrauer verarbeiten: Ideen & Impulse
1. Gefühle benennen mit Affect Labeling
Affect Labeling ist eine psychologische Technik, die du einfach im Alltag anwenden kannst:
Dabei benennst du bewusst deine Emotionen, zum Beispiel: „Ich fühle mich traurig“, statt nur vage Unruhe zu spüren. Klingt im ersten Moment vielleicht banal, doch gerade in überwältigenden Momenten kann das helfen, Distanz zu schaffen, das innere Erleben klarer zu erfassen und besser zu regulieren.
Und nebenbei stärkst du auch noch deine Selbstwahrnehmung!
Hinweis: Besonders bei emotionaler Überwältigung kann diese Technik hilfreich sein. Langfristig ist es nur wichtig, die Emotionen nicht nur auf kognitiver Ebene benennen zu können, sondern sie auch zu fühlen. Denn wer nur kognitiv bleibt, läuft Gefahr, das eigentliche Fühlen zu vermeiden.
2. Gefühle annehmen lernen
Laut der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) hilft es, Gefühle anzunehmen statt wegzuschieben. Das stärkt auch die innere Widerstandskraft.
Erlaube dir also, traurig zu sein, ohne sofort nach Lösungen zu suchen.
Ein einfacher Satz wie „Ich fühle mich traurig und das ist okay“ kann dabei helfen.
Wichtig: Das kleine Wort „und“ ist wichtig – denn es sagt: Die Trauer darf da sein, ohne dass du aufgibst oder dich in ihr verlierst.
3. Trauer in Dosen bewältigen
Nicht immer haben wir die Kapazitäten, der Trauer Raum zu geben. Manchmal fehlt die Kraft. Oder es gibt Situationen, in denen du funktionieren musst oder möchtest. Dann darfst du dich bewusst ablenken. Ob bei der Arbeit, beim Versorgen der Kinder, im Gespräch mit anderen oder an Tagen, an denen du einfach eine Pause vom Trauern möchtest:
Wenn es zu überwältigend wird, erlaube dir, dich für eine Weile abzulenken, bevor du dich wieder mit ihr auseinandersetzt.
Es ist super, wenn du zwischendurch auch Leichtigkeit verspüren kannst. Das macht das Betrauerte nicht weniger wichtig. Solche Gefühle dürfen neben der Trauer koexistieren.
Finde für dich eine gute Balance, wann du dich mit dem Gefühl auseinandersetzen und wann du bewusst eine Auszeit davon möchtest.
4. Selbstfürsorge praktizieren
Trauer fordert Körper und Seele – deshalb ist es besonders wichtig, in solchen Zeiten gut für sich selbst zu sorgen. Beispielsweise durch folgende Strategien:
Übe dich in Selbstmitgefühl
Sei freundlich und geduldig mit dir selbst in schwierigen Momenten. Vielleicht ist konzentriertes Arbeiten gerade nicht drin, vielleicht bist du schneller gereizt, vielleicht isst du gerade zu wenig, zu viel oder nicht so gesund, wie du es sonst tust. Übe dich besonders in diesen Momenten in Selbstmitgefühl und habe Nachsicht mit dir.
Finde heraus, was dir wirklich guttut
Auch wenn Bewältigung durch Konsum (z.B. Alkohol, Drogen, Zigaretten) kurzfristig einfach sein kann, suche dir wenn möglich auch gezielt Strategien, die dir (langfristig) guttun. Hier ein paar Ideen:
Achtsamkeitsübungen, um wahrzunehmen, wo im Körper sich die Trauer zeigt
Deine Lieblingsserie schauen
Eine Wärmflasche auf die Brust legen
Mit einer vertrauten Person telefonieren
Yoga Nidra als Entspannungübung, um leichter einzuschlafen
Bewege dich regelmäßig
Bewegung kann ein super Stressventil sein – egal, ob Sport, Yoga oder einfach ein Spaziergang an der frischen Luft. Finde heraus, was dir guttut und wofür du Energie hast.
Etabliere Routinen und kleine Rituale
Diese können dir nämlich ein Gefühl von Stabilität und Halt geben. Sei es der Kaffee am Morgen, eine kurze Meditation oder ein fester Moment am Tag nur für dich selbst
5. Gefühlen Ausdruck geben – auch ohne Worte
Manchmal fehlen uns die Worte – gerade in intensiven emotionalen Phasen kann es schwerfallen, das eigene Erleben verbal zu fassen oder darüber zu sprechen.
In solchen Momenten können nonverbale Ausdrucksformen eine hilfreiche Alternative sein:
Ob durch Tanz, Musik, Schreiben, Malen oder Fotografie – all diese kreativen Zugänge bieten die Möglichkeit, Gefühlen Raum zu geben, ohne sie erklären zu müssen.
Sie kreieren einen geschützten Raum, in dem Emotionen fließen dürfen und sichtbar oder sogar spürbar werden können.
So schaffst du einen Zugang zu dir selbst, der auf stillere, aber nicht weniger kraftvolle nachhaltige Weise wirkt.
6. Perspektivwechsel
Je nach Traueranlass kann auch ein Perspektivwechsel neue Einsichten bieten.
Dafür kannst du dir selbst Fragen stellen wie:
„Wie werde ich in einem Jahr auf diese Situation zurückblicken?“
„Was würde mein zukünftiges Ich mir raten?“
„Was würde ich einer guten Freundin oder einem Freund in dieser Lage sagen?“
Solche Fragen können neue Blickwinkel eröffnen – oft mit mehr Mitgefühl für sich selbst.
Es gibt auch Momente, in denen es schwerfällt, das Positive in schwierigen Zeiten zu sehen – und das ist vollkommen okay. Bei einem Todesfall hat das zukünftige Ich vermutlich auch keinen guten Ratschlag parat, während es bei dem Ende einer toxischen Beziehung vielleicht rückblickend zufriedener wäre.
Überlege in passenden Situationen also, wann Trauer dich bereits in der Vergangenheit weitergebracht hat. Vielleicht hast du nach einer Trennung neue Bedürfnisse erkannt, hast dich nach einem Jobverlust endlich in die Selbstständigkeit getraut oder bist nach einem Verlust enger mit anderen zusammen gewachsen?
Nutze deine Trauer als Kompass:
Welche Werte stehen hinter deinem Schmerz?
Welche Bedürfnisse wurden nicht erfüllt?
Was sagt es dir über das, was dir wirklich wichtig ist?
7. Umgang mit Trauernden
Du hast gerade Trauernde in deinem Umfeld und bist unsicher, was du für sie tun kannst?
Zunächst hilft vor allem: achtsam zuhören. Auch wenn wir es mit Ratschlägen und Tipps gut meinen, hilft vor allem ein offenes Ohr zu schenken.
Vermeide Plattitüden wie „Es wird schon wieder“ oder „Alles passiert aus einem Grund“. Sogenannte toxische Positivität kann unter Druck setzen, die Trauer schnell loswerden zu müssen. Stattdessen ist es wertvoll, die Trauer zu validieren und zu signalisieren, dass es okay ist, traurig zu sein. So zeigst du, dass du die Emotionen deines Gegenübers anerkennst.
Du kannst auch aktive Unterstützung zeigen, indem du konkret auf die betroffene Person zugehst und fragst, was sie braucht. Vielleicht wünscht sie sich Ablenkung, praktische Hilfe oder einfach jemanden zum Reden. Wenn es sich stimmig anfühlt, kannst du auch konkrete Vorschläge machen, wie zum Beispiel: „Ich koche heute Abend Lasagne, wenn du möchtest, bringe ich dir etwas vorbei, und wir schauen einen Film zusammen?“
Und denke daran: Wenn Trauernde Zeit für sich brauchen, nimm es nicht persönlich. Trauer ist ein sehr individueller Prozess, und manchmal braucht es einfach Raum für sich selbst.
8. Unterstützung suchen
Besonders bei akuter Trauer oder depressiven Verstimmungen zögere nicht, dir Unterstützung zu holen.
Das können Freund:innen oder Familie sein – Menschen, die dir zuhören, ohne dich zu bewerten.
Auch professionelle Hilfe durch Therapeut:innen, Trauerbegleiter:innen oder der Besuch einer Trauer- oder Selbsthilfegruppe können gut tun und Halt geben.
Wer lieber anonym oder ortsunabhängig Hilfe sucht, findet außerdem online Angebote: Auf Plattformen wie justanswer.de kannst du rund um die Uhr mit Psycholog:innen chatten.
Trosthelden vermittelt den Austausch mit anderen Menschen, die einen ähnlichen Verlust erlebt haben, und Via., ein Angebot der Malteser, bietet vertrauliche Online-Beratung per E-Mail.
Auch wir von 7Mind haben etwas für dich: Hier findest du wertvolle Tipps, die dich dabei unterstützen, die für dich passenden Therapeut:innen zu finden.
Und zum Schluss, denk immer dran: Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich Hilfe zu holen – sondern von Selbstfürsorge.
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Jetzt meditierenTrauer verarbeiten: Wenn uns Schmerz zu mehr Menschlichkeit führt
Also, wenn du eine Sache aus diesem Artikel mitnimmst, dann lass es diese sein: Trauer ist keine Schwäche, sondern Ausdruck von Tiefe, Bedeutung und Menschlichkeit. Und wenn wir lernen, sie anzunehmen statt zu vermeiden, kann sie uns neben dem Schmerz auch wachsen lassen.
Wenn du das nächste Mal traurig bist, denk daran: Trauer zeigt dir, dass dir etwas wirklich wichtig war – und das ist nichts, wofür du dich schämen musst.
Du musst nicht alles sofort verstehen oder bewältigen – du darfst dir erlauben, Schritt für Schritt deinen eigenen Weg durch den Schmerz zu finden.
Manchmal reicht schon ein kleiner Moment der Klarheit, ein ehrlicher Gedanke oder eine liebevolle Geste, um wieder ein Stück Hoffnung zu spüren.
Kurz & Knapp
Wie kann man Trauer am besten verarbeiten?
Trauer lässt sich am besten verarbeiten, indem man den Schmerz anerkennt, ihm Raum gibt und nicht (zumindest nicht langfristig) verdrängt. Das kann durch offene Gespräche, das Teilen von Gefühlen mit anderen oder das Einbeziehen von Ritualen und Erinnerungen geschehen. Es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen, um den Verlust zu verarbeiten und sich selbst daran zu erinnern, dass Trauern ein individueller, komplexer Prozess ist.
Wie lange dauert die schlimmste Phase der Trauer?
Die Dauer der schlimmsten Phase der Trauer kann so nicht klar definiert werden. Die Verarbeitung von Trauer variiert stark, da sie ein individueller Prozess ist. Während einige Menschen intensive Phasen in den ersten Monaten erleben, können andere über längere Zeit hinweg mit schmerzhaften Gefühlen kämpfen. Es gibt keinen festen Zeitrahmen, da Trauer je nach Persönlichkeit, Unterstützungssystem und Umständen unterschiedlich erlebt wird.
Wie komme ich über einen Verlust hinweg?
Über einen Verlust hinwegzukommen bedeutet erst einmal nicht zwangsläufig, dass man den Schmerz „überwinden“ oder irgendwann „vergessen“ muss. Er muss also nicht vollständig verschwinden – es geht vielmehr darum, mit dem Verlust zu leben. Beim Umgang mit Verlust ist also wichtig, ihn zu akzeptieren, Erinnerungen zu bewahren und mit der Zeit wieder Freude und Sinn im Leben zu finden, während man gleichzeitig die Trauer annehmen und durchleben kann.
Was bedeutet es eigentlich, zu trauern?
Trauern ist eine natürliche Reaktion und bedeutet, den Verlust eines wichtigen Teils deines Lebens zu verarbeiten – sei es ein Mensch, eine Beziehung oder eine Lebenssituation. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ausdruck von tiefer Bedeutung und Menschlichkeit. Trauer zeigt dir, dass dir etwas wirklich wichtig war und dass du in der Lage bist, zu fühlen und zu heilen. Wenn du dir erlaubst, diese Gefühle anzunehmen und in deinem eigenen Tempo durch den Schmerz zu gehen, kannst du nicht nur heilen, sondern auch wachsen.
Wie läuft der Trauerprozess ab?
Der Trauerprozess verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich und lässt sich nicht auf eine feste Reihenfolge oder Zeitspanne festlegen. Zur Vereinfachung gibt es Modelle, die den Prozess veranschaulichen können, jedoch sollte man daran denken: Trauerprozesse können schrittweise, aber auch unvorhersehbar verlaufen und werden von persönlichen, sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst.
Wichtig ist, dass Trauer keine festgelegtes Timing hat und jede:r für sich einen eigenen Weg der Verarbeitung findet.
Quellen:
[1] Segerstrom SC, Miller GE. Psychological stress and the human immune system: A meta-analytic study of 30 years of inquiry. Washington, DC: American Psychological Association; 2004.
[2] Aldao A, Nolen-Hoeksema S, Schweizer S. Emotion-regulation strategies across psychopathology: A meta-analytic review. Oxford: Elsevier; 2010.
Bildquellen:
[1] Alex Green auf Pexels
[2] Andrea Piacquadio auf Pexels
[3] Pixabay auf Pexels
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