Mut zur Normalität

Erfahre, wieso es ok ist, NICHT sein ganzes Potential auszuschöpfen, NICHT aus jedem Moment das Beste zu machen und stattdessen einfach mal normal zu sein.

Von Sarah Schömbs

Diverse Blogs, Podcasts und Coachings suggerieren, dass sich in dir - versteckt und verborgen - die beste Version deiner selbst verbirgt. Du musst einfach nur tief genug graben, fleißig Dankbarkeitstagebücher schreiben und voilà, da ist es: Dein "True-Self". Dein wahres Ich. Voller Potenziale, Talente und Herzenswärme. Etwas ganz Besonderes. Einzigartig und individuell. Mit deinem True Self kannst du alles erreichen, Berge versetzen und der Normalität entfliehen. Doch was, wenn du dieses Über-Ich nicht findest, geschweige denn gar nicht finden willst? Was, wenn ein normales Leben, mit normalen Freunden, einem normalen Beruf und einer normalen Beziehung vollkommen ausreicht?

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In unserer Gesellschaft hat „normal sein“ häufig eine negative Assoziation. Es ist weder gut, noch schlecht. Es ist irgendwas dazwischen, nicht gerade auffallend, nothing special. In einer Welt der Individualisten wird suggeriert, dass sich jeder entfalten kann - wenn er oder sie es nur genug will. Normalität und Gleichförmigkeit scheinen schon fast Schimpfworten gleich zu kommen. Ja, in einer Welt der Gründer, Influencer, Youtuber, Selfmade-Könige, Vanlife-Reisenden und Zero-Waste-Krieger kommt Normalität schon fast dem Versagen gleich. Oder wird dir warm ums Herz, wenn du mit dem Attribut “normal” beschrieben wirst?

Die Krux des Normalseins

Besonders dramatisch wird es, wenn das Sternchen der Schule plötzlich das Medizinstudium gegen eine "normale" Ausbildung als Tischler eintauschen will. Dann ist das Geschrei groß: „Du hast so viel Potenzial, du bist so intelligent, nutze deine Talente.“ Üblicherweise stoßen solche Entscheidungen weitgehend auf Empörung und Unverständnis. Schließlich soll man doch nutzen, was einem in die Wiege gelegt wird. Alles andere wäre Vergeudung. Normal sein ist Vergeudung. Und überhaupt - Glück ist doch unser Geburtsrecht, oder?

Letzteres ist auf jegliche Altersstufe und Lebenssituation übertragbar. Bei einem nicht ausgeschöpften Potenzial werden die Hände über den Kopf geschlagen oder es wird betreten zu Boden geschaut. Es scheint fast ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, aus seinen Qualitäten das Beste herausholen zu müssen - mit der größtmöglichen Gewinn- und Nutzenmaximierung. Doch damit ist jetzt Schluss!

Dieser Artikel ist eine Hommage an die Normalität. Ein Plädoyer für den Durchschnitt und die gute alte Mittelmäßigkeit.

Normalität ist relativ

Der Begriff Normalität wird von uns Menschen häufig in verschiedenen Kontexten verwendet. Egal ob es um die Beschreibung von Lebensumständen, wie Beruf oder Alltag geht oder um Emotionen und Gemütsverfassung. Alles kann irgendwie normal sein. Doch was ist normal? Und ist dein “normal” auch das normal deines Nachbarn, deiner Chefin oder deines Partners? Ist mein normal auch dein normal?

In der Psychologie wird Normalität als ein erwünschtes, akzeptables, gesundes, förderungswürdiges Verhalten beschrieben. Doch was ist akzeptabel und erwünscht? Bist du in einer Kommune groß geworden, in der man Gefühle offen kommuniziert, mit eigenem Garten, dem Anbau von Obst und Gemüse und vielen Menschen um dich herum? Dann empfindest du vielleicht die Nähe zur Natur als wichtig und gewünscht. Auch zwischenmenschliche Beziehungen werden für dich wahrscheinlich einen hohen Stellenwert einnehmen. Innerhalb des Mikrokosmos, in dem du dich bewegst, entspricht das deiner Realität. Dem Durchschnittswert. Eben normal.

Bist du in einer Juristenfamilie groß geworden, in der akademische Standards vorausgesetzt und wünschenswert sind und viel Wert auf Sachlichkeit, Angemessenheit und Korrektheit gelegt wird - so entsprechen solche Attribute deiner Normalität.

Wie man an diesen zwei Beispielen erkennen kann, scheint Normalität relativ und subjektiv, je nach Kontext in dem man sich bewegt.

Erwartungen loslassen: Der Weg zur Normalität

Es mag verrückt klingen, doch es kostet eine ordentliche Portion Mut, sich bewusst für die Normalität zu entscheiden. Insbesondere dann, wenn das Umfeld etwas anderes von dir erwartet. Doch nur weil andere von dir erwarten, Chefärztin zu werden und ein neues Chromosom zu entdecken, bedeutet das nicht, dass du nicht auch den Weg eines Krankenpflegers einschlagen kannst. Nur weil du bereits erfolgreich ein Studium absolviert hast, bedeutet das nicht, dass du automatisch zu einer Karriere-Mum mutierst, sobald das erste Baby da ist. Und nur weil alle um dich herum Unternehmen gründen, bedeutet das nicht, dass du nicht auch ein glücklicher Arbeitnehmer sein kannst.

Löse dich von den Erwartungen und den Schubladen, in die du automatisch gesteckt wirst und die auch du unbewusst tagtäglich füllst. Denn auch wenn du gerne Bücher liest, musst das nicht heißen, dass du demnächst einen Roman schreiben wirst. Manchmal bleiben Hobbys auch einfach nur Hobbys.

Schubladendenken ist häufig ein Hindernis, wenn es darum geht, dich von Erwartungen frei zu machen. Und auch, wenn es darum geht, dich aktiv für die Normalität zu entscheiden. Werde dir bewusst, dass du unabhängig von Erwartungen und Schubladen existierst und dass DU die Entscheidung treffen kannst, welchen Erwartungen du in deinem Leben nachgehen möchtest und welchen nicht. Mache dich von den Erwartungen anderer frei.

Mut zur Normalität bedeutet, sich von den äußerlichen und gesellschaftlichen Anforderungen, immer alles ausschöpfen und nutzen zu müssen, zu lösen und aufzuhören, jedes Ergebnis in Relation zu einem anderen zu setzen. Es bedeutet, die Messlatte einfach mal wieder herunter zu schrauben und mit dem zufrieden zu sein, was ist und wie es ist. Normal sein bedeutet einfach echt sein, im Hier und Jetzt. Es bedeutet die Umstände anzunehmen und gelassen zu sein. Und schlussendlich weniger die beste Version seiner selbst zu sein, sondern mehr die echte.

Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:


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