Super local statt Superfood! Eine Hommage an die Kartoffel

Die Superfoods haben schon lange nichts mehr mit der deutschen Ernte zu tun. Lokales Obst und Gemüse ist einfach nicht sexy und hat irgendwie ein Image-Problem.

Von Sarah Schömbs

Kaum ein Trend wird so heftig diskutiert wie das Thema Ernährung. Die Food-Blogs boomen, das Bild einer Smoothie-Bowl erreicht 5.000 Likes auf Instagram und Pinterest ist voll von Mindful Eating Pins.

Eine Ernährungsform jagt die andere, war es gestern noch Paleo oder Fasten ist es heute Clean Eating. Das, was wir essen, ist und bleibt ein Statussymbol. Waren es im Mittelalter Fleisch und Wein, welche Reichtum symbolisierten, gehört es heute zum guten Ton möglichst bunt, healthy und abwechslungsreich zu essen. Verrückte Smoothies, Buddha-Bowls, Chia-Pudding und Avocado-Burger.

#Sind wir einfach zu verwöhnt?

Hinzu kommt, dass wir Deutschen immer verwöhnter werden. Während man früher sehnsüchtig auf den Sommer wartete, um endlich Erdbeeren naschen zu können, sind die roten Beeren oft bereits Monate zuvor in den Supermärkten auffindbar.

Healthy Living scheint mehr als nur ein kurzer Trend zu sein, es ist quasi eine Religion und mittlerweile auch eine riesige Industrie. Egal ob Avocado, Chia-Samen, Moringa-Pulver, Acai oder Goji-Beere: Es könnte nicht bunter, ausgefallener und auch nicht globaler sein. So wird die Acai-Beere beispielsweise in Brasilien angebaut, die Avocado kommt größtenteils aus Chile und Chia-Samen treten den langen Weg aus Mexiko an, bis sie bei uns in Europa im Smoothie-Mixer landen.

Weg ist die Kartoffel, der Rosenkohl und der gute alte Wirsing. Deutsches Obst und Gemüse ist einfach nicht sexy und hat irgendwie ein Image-Problem. Es ist höchste Zeit für Werbung in Sachen regionale Küche.

#Think Global Eat Local Oft wird saisonale Ernte mit Verzicht assoziiert und bedeutet für die meisten Menschen Kohlsuppe im Winter und Obstsalat im Sommer. Doch das es auch anders geht, vielseitig, saisonal und vor allem umweltfreundlich, zeigen diverse Webseiten wie regional-saisonal.de, freudeamkochen.at oder vegan-taste-week.de.

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Indem wir unseren Konsum auf regionale und saisonale Produkte ausrichten, können wir die Umweltbelastung, die sogenannte Ökobilanz unserer Ernährung, maßgeblich verringern und verbessern. So benötigt die Produktion eines Kilogramms Avocado, was in etwas zweieinhalb Avocados entspricht, beispielsweise ganze 1.000 Liter Wasser. Ein Kilogramm Tomaten verbrauchen vergleichsweise ca. 180 Liter Wasser. Nicht zu vergessen, dass Wasser in Ländern wie Chile, Anbauland der Avocado, in vielen Regionen ein knappes Gut darstellt und nicht selten zu lokalen Konflikten führt. Hinzu kommen Transportwege, sowie der häufige Einsatz von Pestiziden aufgrund mangelnder Regulierungen.

Wie man sehen kann, ist manchmal doch nicht alles so “super” wie es scheint und es lohnt der Blick auf die Packungsbeilage.

#Was sind die Alternativen? Es gibt viele heimische Alternativen zu den sogenannten Superfoods. Diese haben vielleicht kein eigenes Instagramprofil, sind für den Menschen jedoch genauso nährreich und benötigen kein Flugzeug, um den Weg in die eigene Küche zu finden. So sind beispielsweise Leinsamen eine wundervolle Alternative zu den heißgeliebten Chiasamen. Auch die Heidelbeere kann locker mit der Acai- oder Goji-Beere mithalten und das sogar ohne industriell verarbeitet zu werden. Außerdem stellt sich Kohl in jeglicher Form als wahres Wundergemüse heraus. Die Liste lässt sich unendlich weiterführen: Heimische Hirse statt Quinoa. Kamille und Fenchel statt Matcha. Wirsing statt Moringa. Sauerkraut statt Kimchi.

Wer sich einen Moment mit der heimischen Küche befasst, ist überrascht und beeindruckt zur gleichen Zeit. Und wenn du dich fragst, welches Gemüse oder Obst in Deutschland momentan “Saison” hat, hilft dir ein sogenannter Saisonkalender weiter.

#Alte Sorten schützen und die Artenvielfalt stärken
Was haben der blaue Schwede, Sieglinde, der Rosa Tannenzapfen und die rote Emmalie gemeinsame? Sie bezeichnen alte Kartoffelsorten, die mittlerweile nur noch von kleinen Bauern und Initiativen gezüchtet und gehandelt werden. Eine Artenvielfalt dient der Erhaltung von Biodiversität. Während wir im Supermarkt nur noch zwei, maximal drei Sorten der so vielfältigen Kartoffel kennen und kaufen können, existieren in Wirklichkeit hunderte von Arten in verschiedensten Formen und Farben.

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So setzt sich beispielsweise der Generationenhof und Demonstrationsbetrieb Ellenberg für den Erhalt historischer Kartoffelsorten, für mehr Vielfalt und biologischen Anbau ein. Unter kartoffelvielfalt.de ist es für jeden möglich, nicht nur Bioland-Speisekartoffeln nach Ernteplan direkt “vom Hof” zu erwerben, sondern auch entsprechendes Saatgut zu kaufen.

Ähnlich wie mit der Kartoffel verhält es sich auch mit den Tomaten. Während unsereins lediglich Fleischtomaten von Cherrytomaten unterscheidet, existieren auch hier hunderte von Tomatensorten, die darauf warten angebaut und geschmeckt zu werden. Von Tomate Rio Grande, über Ananas Noir bis hin zu Tomate Stierherz. Tomatenzüchter*innen wie Irina haben sich der Rettung alter Tomatensorten verschrieben.

Was sich erstmal lustig anhört, ist leider bitterer Ernst, wie der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. erklärt. Während früher eine sorgfältig erlesene Ernte aufbewahrt und schließlich wieder ausgesät wurde, was zu einem stetigen Anpassungsprozess führte, werden heute Hybridpflanzen und an Pestizide angepasste Nutzpflanzen herangezüchtet. Mit dem einzigen Ziel möglichst schnell und effizient Essbares heranzuzüchten.

#Du hast die Wahl

Doch die Nachfrage bestimmt das Angebot, jeder von uns entscheidet was und in welcher Menge konsumiert wird. Die Freiheit, auch im Winter einen Erdbeer-Avocado-Goji-Beeren-Smoothie trinken zu können, hat jedoch einen hohen Preis, der oft vergessen oder einfach verdrängt wird.

Keinem vorgelebten Food-Trend sollte blind gefolgt werden, ohne über das Produkt und an die damit einhergehenden Konsequenzen zu denken. Achtsamkeit existiert auch im Bereich Ernährung. Es bedeutet in dem Falle, achtsam mit der Umwelt und mit unseren Ressourcen umzugehen, genauso wie achtsam unserem Körper etwas Gutes zu tun. Gesunde Ernährung ist wichtig, das steht außer Frage. Wichtig ist jedoch auch, welche ökologischen Folgen aus dieser Ernährungsweise resultieren und inwieweit Ersatz aus lokaler und saisonaler Ernte bezogen werden können. Artenvielfalt und eine geringe ökologische Belastung sollte im Vordergrund stehen.

Und seien wir doch mal ehrlich, ein blauer Schwede oder eine rote Emmalie, das klingt doch gar nicht so schlecht.

Die Podcastfolge zum Impuls der Woche:

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Bild: Nikos Kavvadas auf Unsplash

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